Studien zur Yorgeschichte des deutschen Yolksnamens.
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medio barbararum gentium situs fühlt.M, deckt uns zugleich ge-
legentlich das sittliche Geheimnis der inneren Einheit und äußeren
Stärke emer 'VöIkerschaft' mit den Worten auf: omnes se fere
barbari, qui modo sunt unius gentis et regis, mutuo amant; omnes
paene Romam se mutuo persequunturh Bekanntlich hat es GusT.
FREYTAG unternommen^, aus jenen Urteilen der Zeitgenossen
den spezifischen Charakter der wichtigsten 'Völkerpersönfichkeiten'
der Wanderzeit zu ermitteln und darzustehen. Mit Recht hebt er
hervor, wie sehr dabei die Leidenschaft der Beobachter der Glaub-
würdigkeit ihrer Aussagen Eintrag getan; für unseren Zweck
jedoch verlieren dieselben dadurch nicht an Wert. Aus des Orosius
Schilderung^: Stilico, Vandalorum inbellis, avarae, perfidae et
dolosae gentis genere editus, spricht materieh alierdings vornehm-
lich der Haß gegen die Person; formeh mdes ebenso gewiß die
Überzeugung, daß die gens ein Werk der Natur, sozusagen aus
einem Gusse sei, dessen Struktur sich in jeglichem Bruchstücke,
d. h. im Charakter jedes einzelnen Gentifen unverkennbar wieder-
finde. Und so mag ander.nseits das begeisterte Lob, das IsiDOR
VON SEAULLA zu Anfang des 7. Jahrhunderts dem westgotischen
Volke spendeteh großenteils aus der Freude des katholischen
Bischofs an der endlich gefungenen Bekehrung der Herren des
Landes zu erklären sein; immerhin erkennen wir auch aus diesem
merkwürdigen historischen Hymnus auf die gens Gothorum anti-
quissima, fortissima, praeclara, wie intensiv die damalige Welt
' Salv. 1. 1. VII, 37.
2 Id. ib. V, 15; cf. V, 57.
s Bilder aus der deutschen Yergangenheit L, 129ff.
^ Oros. h. VII, 38, 1.
° Isid. hist. de regib. Gothor. (Wandalor. et Suevor.). Auch der von
anderer Hand hinzugefügte Prolog, der sich der völlig verschiedenen Auf-
gabe, das Land Hispania panegyrisch zu feiern, mit gleichem Eifer entledigt,
gedenht doch zum Schlusse rühmend, wenn auch beinahe mit humoristischem
Anfluge, der Gothorum florentissima gens, die das schöne Spanien certatim
rapuit et amavit. Die als Epilog dienende Recapitulatio in laudem Gothorum
kann (nach H. HERTZBERG, Die Historienu. die Ghroniken des Isid. v. Sev.)
ebenfalls schwerlich von Isidor herrühren. Das Lob der Gothica gens, wie
sie hier einmal genannt wird, erscheint in dieser recapitulatio noch konzen-
trierter; besonders interessant aber ist dabei die wirklich anschauliche Schil-
derung der Physiognomie des Volkes. Der, wie der Schluß beweist, romani-
sche Verfasser, der gleichfalls der früheren Zeit des 7. Jahrh. angehören muß
(vgl. EBERT, Literatur des Mitteialters I, 567), hat den Waffenübungen der
Westgoten augenscheinlich mit lebhaftem Vergnügen zugesehen.
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medio barbararum gentium situs fühlt.M, deckt uns zugleich ge-
legentlich das sittliche Geheimnis der inneren Einheit und äußeren
Stärke emer 'VöIkerschaft' mit den Worten auf: omnes se fere
barbari, qui modo sunt unius gentis et regis, mutuo amant; omnes
paene Romam se mutuo persequunturh Bekanntlich hat es GusT.
FREYTAG unternommen^, aus jenen Urteilen der Zeitgenossen
den spezifischen Charakter der wichtigsten 'Völkerpersönfichkeiten'
der Wanderzeit zu ermitteln und darzustehen. Mit Recht hebt er
hervor, wie sehr dabei die Leidenschaft der Beobachter der Glaub-
würdigkeit ihrer Aussagen Eintrag getan; für unseren Zweck
jedoch verlieren dieselben dadurch nicht an Wert. Aus des Orosius
Schilderung^: Stilico, Vandalorum inbellis, avarae, perfidae et
dolosae gentis genere editus, spricht materieh alierdings vornehm-
lich der Haß gegen die Person; formeh mdes ebenso gewiß die
Überzeugung, daß die gens ein Werk der Natur, sozusagen aus
einem Gusse sei, dessen Struktur sich in jeglichem Bruchstücke,
d. h. im Charakter jedes einzelnen Gentifen unverkennbar wieder-
finde. Und so mag ander.nseits das begeisterte Lob, das IsiDOR
VON SEAULLA zu Anfang des 7. Jahrhunderts dem westgotischen
Volke spendeteh großenteils aus der Freude des katholischen
Bischofs an der endlich gefungenen Bekehrung der Herren des
Landes zu erklären sein; immerhin erkennen wir auch aus diesem
merkwürdigen historischen Hymnus auf die gens Gothorum anti-
quissima, fortissima, praeclara, wie intensiv die damalige Welt
' Salv. 1. 1. VII, 37.
2 Id. ib. V, 15; cf. V, 57.
s Bilder aus der deutschen Yergangenheit L, 129ff.
^ Oros. h. VII, 38, 1.
° Isid. hist. de regib. Gothor. (Wandalor. et Suevor.). Auch der von
anderer Hand hinzugefügte Prolog, der sich der völlig verschiedenen Auf-
gabe, das Land Hispania panegyrisch zu feiern, mit gleichem Eifer entledigt,
gedenht doch zum Schlusse rühmend, wenn auch beinahe mit humoristischem
Anfluge, der Gothorum florentissima gens, die das schöne Spanien certatim
rapuit et amavit. Die als Epilog dienende Recapitulatio in laudem Gothorum
kann (nach H. HERTZBERG, Die Historienu. die Ghroniken des Isid. v. Sev.)
ebenfalls schwerlich von Isidor herrühren. Das Lob der Gothica gens, wie
sie hier einmal genannt wird, erscheint in dieser recapitulatio noch konzen-
trierter; besonders interessant aber ist dabei die wirklich anschauliche Schil-
derung der Physiognomie des Volkes. Der, wie der Schluß beweist, romani-
sche Verfasser, der gleichfalls der früheren Zeit des 7. Jahrh. angehören muß
(vgl. EBERT, Literatur des Mitteialters I, 567), hat den Waffenübungen der
Westgoten augenscheinlich mit lebhaftem Vergnügen zugesehen.