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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0006
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Rudolf Pagensteci-ier:

welche das Bild vom unteren Rand der umgebenden Architektur
scheidet. Es gibt, soweit ich nach dem mir vorliegenden Material
urteilen kann, keinen Naiskos ohne diesen Streifen; er muß also
dem Naiskos den übrigen Stelen gegenüber nicht nur eigentüm-
lich gewesen sein, sondern er muß auch einen notwendigen Bestand-
teil des ganzen Aufbaues gebildet haben.
Bekanntlich erscheint dieselbe Eigentümlichkeit auf Mosaiken
hellenistischer Zeit, auf Weihreliefs und pompejanischen Gemäl-
den1. Rodenwaldt hat daraus den Schluß gezogen, daß dieser
Streifen, der vielleicht ursprünglich die Weihinschrift getragen
habe, in jedem Falle die Ableitung des mit ihm versehenen Monu-
ments, sei es Gemälde oder Mosaik, von einem Votivbild beweise,
wobei es noch nicht erwiesen sei, ob die Malerei oder die Plastik
den ersten Schritt getan habe. Der Grund seines Vorhandenseins
sei in leicht verständlichen ästhetischen Motiven, der Hochhebung
des Bildes zu suchen.
Diese Erwägungen sind gewiß richtig. Wenn wir aber die
ästhetischen Gründe in den Vordergrund stellen, so ist die Ab-
leitung von Votivgaben nicht mehr notwendig, denn dann ist das
Auftreten des Basisstreifens gerade auf griechischen Votivreliefs
nur von sekundärer Bedeutung und folgt einem allgemein gültigen
Gesetz, welches auch in anderen Fällen Beachtung und Berück-
sichtigung verlangt. Der Basisstreifen muß, wenn die rein ästheti-
schen Überlegungen richtig sind, überall da auftreten, wo es Auf-
gabe des Künstlers ist, die Darstellung in die Höhe zu heben, um
sie von dem sie umgebenden Rahmen loszulösen.
Welchen Sinn der Basisstreifen auf den Naiskosbildern hat,
ist klar. Bei den gewöhnlichen Stelenbildern war es nicht not-
wendig, die ohnedies in ihrem Rahmen flach wirkenden Figuren
von ihrer Elmgebung loszulösen, sie zu vereinzeln. Die soviel mehr
in die Tiefe gehenden Naiskoi stellten andere Anforderungen. In
der Plastik hatte der Bildhauer, wenn er seine Figuren in einen
Naiskos hineinkomponierte, die Möglichkeit, sie bis in die Ebene
der vorderen Pilaster vortreten zu lassen, ja den Rahmen zu spren-
gen, um das Wichtigste, die Gestalten, hervorzuheben und den
Eindruckswert der Umrahmung zu A^erringern. Das ist in der
Malerei unmöglich. Mochte es dem Künstler auch gelingen, seinen
1 Bieber-Rodenwaldt, Arch. Jahrb. XXVI, 1911, S. 12ff.; E. Fiech-
ter, Die baugeschichtliche Entwicklung des antiken Theaters, S, 42ff.-; da-
gegen Rodenwaldt, Arch. Anz. 1914 S. 452.
 
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