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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0024
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22

Rudolf Pagenstecher:

Es gibt zu denken, daß unter den sehr zahlreichen Grab-
mal creien und den unzähligen Resten von Stucküberzug, die von
der SiEGLiN-Expedition aufgelesen wurden und von denen nur ein
geringer Teil nach Tübingen gekommen ist, sich — mit einigen
besonders charakteristischen später zu besprechenden Ausnahmen —
nichts gefunden hat, was auf eine in Alexandrien erfolgte Ablösung
des ersten durch den dritten Stil hindeuten könnte. Wir verfolgen
vielmehr eine Entwicklung, welche typisch alexandrinisch genannt
werden muß: auf das übermächtige Einströmen griechischer Bau-
gedanken im Anfang der Ptolemäerherrschaft folgt die Reaktion
in der Form einer Rückkehr zu altägyptischer Tradition (s. III).
Es ist bekannt, daß die Inkrustation mit Alabasterplatten und
Fayencekacheln im alten Ägypten üblich gewesen ist, daß also ein
im Niltal seit uralten Zeiten geübter Brauch durch die Maler der
ptolemäischen Epoche erneuert wurde1.
Wenden wir unsern Blick auf die pompejanischen Fresken zu-
rück und vergleichen wir die auf ihnen erscheinenden ägyptischen
Figuren und Ornamente mit den in Ägypten selbst zutage gekom-
menen Denkmälern, so werden wir finden, daß eine Verwandtschaft
nur insofern herrscht, als die pompejanischen Maler ägyptisch
sein wollen. Man wird keine einzige dieser Götterge st alten in der
Form, welche der Italiker ihnen verlieh, in Ägypten aufzufinden
vermögen. Sie alle sind in jenem Stil gehalten, den man als römisch-
ägyptisch bezeichnen kann, der unter Augustus beginnt und unter
Domitian und Hadrian seine Blüte erlebt. Mit Ägypten hat dieser
Stil ebensoviel und ebensowenig zu tun, wie die Kunst des Empire
mit derjenigen des Nillandes. Nichts als eine spielerische Über-
nahme ägyptischer Formen. Wie kein Stück der Empiremöbel,
Leuchter und Uhren in Ägypten gefertigt wurde, mögen sie mit
Sphinxen, Pyramiden und Obelisken, mit Isis- und Osirisfiguren
noch so überladen sein, so ist kein Stück pompejanischer Wand-
malerei in dieser Form jemals in Alexandrien aufzufinden ge-
wesen. Dasselbe gilt bekanntlich für die ägvptisierenden Stücke

1 Altägyptische Imitation von Wandaufbau: Borchardt, Das altägyp-
tische- Wohnhaus im 14. Jahrh. v. Chr. (Ztschrft. f. Bauwesen 66 (1916)
S. 554; Mitt. d. D. 0. G. a. a. O. Blatt 2; Perrot-Chipiez, Histoire de l’Art,
Egypte, S. 824; vgl. auch Sieglin-Schreiber II1 A Kap. IV, wo mehr Material.
Über die von der SiEGLiN-Expedition aufgesammelten Stuckfragmente
a. a. 0. zu Tafel V.
 
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