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Rudolf Pagenstecher:
Studniczka sind sie offenbar auch von Wolters erwogen worden,
wenn er die eine (noch inkrustierende Richtung) des zweiten Stils
direkt aus dem ersten ableitet, also doch wohl diesen Übergang
in Italien sucht, und über die andere mit Durchblicken arbeitende
Richtung sagt: „Wie weit für diesen Dekorationsstil ostgriechische
Vorbilder in Betracht kommen, steht dahin (die Laubgewinde
und die Aedicula finden sich als Wandschmuck auch in Alexan-
drien); die besondere Ausbildung des landschaftlichen Elements
scheint italisch zu sein und erst unserer (der sullanischen) Zeit an-
zugehören.“ Und vom dritten Stil lesen wir: „Ob das ganze Deko-
rationsprinzip etwa auf Alexandrien zurückgeht oder in Rom auf-
gekommen ist (was für die Umwandlung der Gemälde festzu-
stehen scheint), bedarf noch weiterer Untersuchung.“1
Für die Beurteilung der pompejanischen Verhältnisse scheint
mir von einschneidender Bedeutung zu sein, daß der zweite Stil
zum erstenmal an dem ersten von der römischen Kolonie errich-
teten Bauwerk, dem bald nach 80 entstandenen kleinen Theater
erscheint, und fast gleichzeitig am Juppitertempel auftritt. Be-
rücksichtigen wir Delbrücks und Weigands Nachweis eines außer-
ordentlichen Erstarkens römischer Architekturformen, ja ihrer
Verselbständigung zu Sullas Zeit, so werden wir in dem gleichzeitigen
Beginn des zweiten Stils in Pompeji keinen Zufall mehr erblicken
können und zugleich auf den Weg gewiesen, auf welchem der
zweite Stil nach Pompeji kam. Das Rom Sullas ist sicherlich in
der Lage gewesen, einen malerischen Dekorationsstil zu schaffen,
namentlich wenn so wenig Eigenes zu leisten war wie in diesem
Falle2.
Zwei Dinge sind es, die immer wieder in den Vordergrund
treten, wenn man die Herleitung aus dem Westen überlegt. Apa-
turios und Petra. Die Überlieferung des Vitruv und die Fassaden
der arabischen Gräber schienen dem italischen Ursprung der pom-
pejanischen Dekorationssysteme durchaus zu widersprechen.
Prinzipiell müssen wir festhalten, daß' eine im Westen ent-
standene Dekorationsweise auch in den Osten übertragen werden
konnte. Der Einfluß Roms ist so mächtig, daß mit seinen Beamten,
seinen Soldaten und seinen Kaufleuten auch seine Kunst den
Weg in den Orient finden mußte.
1 Springer-Michaelis a. a. 0. S. 476 und 497.
2 Mau, Pompeji in Leben und Kunst2 S. 481; Weigand, Arch. Jahrb.
XXIX, 1914, S. 38.
Rudolf Pagenstecher:
Studniczka sind sie offenbar auch von Wolters erwogen worden,
wenn er die eine (noch inkrustierende Richtung) des zweiten Stils
direkt aus dem ersten ableitet, also doch wohl diesen Übergang
in Italien sucht, und über die andere mit Durchblicken arbeitende
Richtung sagt: „Wie weit für diesen Dekorationsstil ostgriechische
Vorbilder in Betracht kommen, steht dahin (die Laubgewinde
und die Aedicula finden sich als Wandschmuck auch in Alexan-
drien); die besondere Ausbildung des landschaftlichen Elements
scheint italisch zu sein und erst unserer (der sullanischen) Zeit an-
zugehören.“ Und vom dritten Stil lesen wir: „Ob das ganze Deko-
rationsprinzip etwa auf Alexandrien zurückgeht oder in Rom auf-
gekommen ist (was für die Umwandlung der Gemälde festzu-
stehen scheint), bedarf noch weiterer Untersuchung.“1
Für die Beurteilung der pompejanischen Verhältnisse scheint
mir von einschneidender Bedeutung zu sein, daß der zweite Stil
zum erstenmal an dem ersten von der römischen Kolonie errich-
teten Bauwerk, dem bald nach 80 entstandenen kleinen Theater
erscheint, und fast gleichzeitig am Juppitertempel auftritt. Be-
rücksichtigen wir Delbrücks und Weigands Nachweis eines außer-
ordentlichen Erstarkens römischer Architekturformen, ja ihrer
Verselbständigung zu Sullas Zeit, so werden wir in dem gleichzeitigen
Beginn des zweiten Stils in Pompeji keinen Zufall mehr erblicken
können und zugleich auf den Weg gewiesen, auf welchem der
zweite Stil nach Pompeji kam. Das Rom Sullas ist sicherlich in
der Lage gewesen, einen malerischen Dekorationsstil zu schaffen,
namentlich wenn so wenig Eigenes zu leisten war wie in diesem
Falle2.
Zwei Dinge sind es, die immer wieder in den Vordergrund
treten, wenn man die Herleitung aus dem Westen überlegt. Apa-
turios und Petra. Die Überlieferung des Vitruv und die Fassaden
der arabischen Gräber schienen dem italischen Ursprung der pom-
pejanischen Dekorationssysteme durchaus zu widersprechen.
Prinzipiell müssen wir festhalten, daß' eine im Westen ent-
standene Dekorationsweise auch in den Osten übertragen werden
konnte. Der Einfluß Roms ist so mächtig, daß mit seinen Beamten,
seinen Soldaten und seinen Kaufleuten auch seine Kunst den
Weg in den Orient finden mußte.
1 Springer-Michaelis a. a. 0. S. 476 und 497.
2 Mau, Pompeji in Leben und Kunst2 S. 481; Weigand, Arch. Jahrb.
XXIX, 1914, S. 38.