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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0034
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32

Rudolf Pagenstecher:

möchte verhindern, daß sie mit Abdera auf eine Stufe gestellt wird.
Das sieht nicht danach aus, als wenn dieser Stil in Kleinasien
verbreitet gewesen wäre. Hätte man ihn in Milet, Magnesia,
Ephesos sehen können, wäre er dort beliebt und bekannt gewesen,
so wäre in Tralles gewiß niemand mit solchen Begründungen da-
gegen aufgestanden! Daß Apaturios ihn geschaffen hätte, ist
durchaus unwahrscheinlich. Er galt dem Vitruv nicht als ein
Neuerer, sonst hätte der Schriftsteller es sich gewiß nicht nehmen
lassen, bei dieser Gelegenheit zu erwähnen, daß er die Malerei
des II. Stils erfunden hätte.
Es blieb bei dem Versuch; Apaturios vernichtete seine Malerei.
Dieser Vorgang entspricht in merkwürdiger Weise dem von uns
im SiEGLmschen Grab beobachteten. Auch hier hat gegen die
pompejanische Dekorationsweise eine Reaktion eingesetzt. An
ihre Stelle tritt einheimische Malweise. Die Ablehnung neuer
Errungenschaften ist in beiden Fällen die gleiche. Es ist der Wider-
stand des Ostens mit seiner alten Kultur gegen die doch etwas
parvenuartigen Bestrebungen des Westens.
Man kann nun mit Recht einwenden, daß Apaturios zwar seine
Dekorationen zweiten Stils tilgte, aber doch zur Bemalung einer
Hauswand mit einem festen Dekorationssystem berufen gewesen
sei und die mißliebige Malerei durch eine andere ersetzt habe, daß
somit an einer systematischen Wandbemalung nicht gezweifelt
werden könne. Demgegenüber ist folgendes zu sagen:
Scaena bedeut et zwar nicht immer die Skene eines Theaters, aber
in unserem Falle scheint doch dieser ursprüngliche Sinn noch stark
mitzusprechen, denn auf die scaena setzte Apaturios die „episcae-
nus“, das obere Stockwerk der Skene, und auch dieses gestaltete
er in phantastischer Weise aus. Wie eine „Skenographie“ in
das Ekklesiasterion kommt, ist bei näherer Überlegung nicht
schwer zu erraten. Vitruv nennt den Bau ein minusculum
theatrum, und die Ausgrabungen von Priene bestätigen1,
daß Ekklesiasteria Theaterform hatten. Aber ist jedes Ek-
klesiasterion von vornherein nur ein Versammlungshaus ge-
wesen ? Warum nennt Vitruv den Bau in Tralles ein minus-
culum theatrum, quod apud eos ecclesiasterion vocitatur ? Er
gibt damit das Theater als das Ursprüngliche, die Bezeichnung
Ekklesiasterion als eine lokale Eigentümlichkeit an! Das bliebe
1 Wiegand-Schrader, Priene S. 230.
 
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