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Rudolf Pagenstecher:
Wie steht es aber mit Petra ? Nachdem Studniczka wenigstens
die Möglichkeit kaiserzeitlicher Entstehung für die Hasnefassade
zugegeben hat, ist eine Einigung über dieses wichtigste Monu-
ment Petras etwa dahin zustande gekommen, daß man es in das
1. oder 2. nachchristliche Jahrhundert setzt, dabei aber die starke
hellenistische Tradition betont1. Dieselben Verhältnisse liegen für
die jüdischen Königsgräber vor. Auch ihre Architektur ist helle-
nistisch und doch machen historische Überlegungen ihren Ursprung
in der Zeit des Kaisers Claudius so gut wie sicher2.
Historische Überlegungen haben Dalman dazu geführt die
Fassade von Petra in das erste oder den Beginn des zweiten
Jahrhunderts zu datieren3. Rabbel II. Soter (71 bis etwa 105) war
wahrscheinlich der letzte König des Nabataeerreiches. Nach ihm
sind so prunkvolle Anlagen wie die von Hasne kaum mehr denk-
bar, wohl aber früher, da die Reihe nabataeischer Fürsten sogar
einen Philhellen in ihrer Mitte zählte. Im ersten nachchristlichen
Jahrhundert wird also die Fassade von Hasne, werden auch die
so ähnlichen Bauten des korinthischen Grabes- von ed-Der angelegt
worden sein.
Bei einigen dieser Bauten hat man die Ähnlichkeit mit Wand-
malereien zweiten Stils bemerkt. Namentlich gilt das für die-
jenigen Monumente, welche von einer Tholos bekrönt werden.
Aber auch die perspektivische Linienführung einiger anderer
Fassaden hat zu diesen Vergleichen angeregt.
Die architektonisch sinnlose Aufeinandertünnung mehrerer
untereinander ganz verschiedenartiger Geschosse, die eigenartige
Verwendung der Perspektive schien erklärbar nur, wenn sich der
Architekt an Wandmalereien zweiten Stils erinnerte und gleich-
sam ihre Übertragung in Stein anstrebte. In der Tat ist jeder
Versuch, die Fassaden rein architektonisch aus sich heraus zu er-
klären, von vornherein zur Unfruchtbarkeit verurteilt. Es fragt
sich aber doch, ob wir den Baumeistern der Fürsten von Petra
die Geschmacklosigkeit Zutrauen dürfen, phantastische und nur in
Malerei mögliche Scheinarchitekturen in Stein übersetzt und ge-
rade als Grabfassaden benutzt zu haben.
1 Symposion S. 62; für Datierung in die „späthellenistische“ Epoche
ist neuerdings wieder Watzinger eingetreten: Kohl-Watzinger, Antike
Synagogen in Galilaea, 29. Wiss. Veröff. d. D. O. G. (1916) S. 162 f.
2 Nach freundlicher Mitteilung von G. Beer in Heidelberg.
3 Dalman, Neue Petraforschungen S. 77.
Rudolf Pagenstecher:
Wie steht es aber mit Petra ? Nachdem Studniczka wenigstens
die Möglichkeit kaiserzeitlicher Entstehung für die Hasnefassade
zugegeben hat, ist eine Einigung über dieses wichtigste Monu-
ment Petras etwa dahin zustande gekommen, daß man es in das
1. oder 2. nachchristliche Jahrhundert setzt, dabei aber die starke
hellenistische Tradition betont1. Dieselben Verhältnisse liegen für
die jüdischen Königsgräber vor. Auch ihre Architektur ist helle-
nistisch und doch machen historische Überlegungen ihren Ursprung
in der Zeit des Kaisers Claudius so gut wie sicher2.
Historische Überlegungen haben Dalman dazu geführt die
Fassade von Petra in das erste oder den Beginn des zweiten
Jahrhunderts zu datieren3. Rabbel II. Soter (71 bis etwa 105) war
wahrscheinlich der letzte König des Nabataeerreiches. Nach ihm
sind so prunkvolle Anlagen wie die von Hasne kaum mehr denk-
bar, wohl aber früher, da die Reihe nabataeischer Fürsten sogar
einen Philhellen in ihrer Mitte zählte. Im ersten nachchristlichen
Jahrhundert wird also die Fassade von Hasne, werden auch die
so ähnlichen Bauten des korinthischen Grabes- von ed-Der angelegt
worden sein.
Bei einigen dieser Bauten hat man die Ähnlichkeit mit Wand-
malereien zweiten Stils bemerkt. Namentlich gilt das für die-
jenigen Monumente, welche von einer Tholos bekrönt werden.
Aber auch die perspektivische Linienführung einiger anderer
Fassaden hat zu diesen Vergleichen angeregt.
Die architektonisch sinnlose Aufeinandertünnung mehrerer
untereinander ganz verschiedenartiger Geschosse, die eigenartige
Verwendung der Perspektive schien erklärbar nur, wenn sich der
Architekt an Wandmalereien zweiten Stils erinnerte und gleich-
sam ihre Übertragung in Stein anstrebte. In der Tat ist jeder
Versuch, die Fassaden rein architektonisch aus sich heraus zu er-
klären, von vornherein zur Unfruchtbarkeit verurteilt. Es fragt
sich aber doch, ob wir den Baumeistern der Fürsten von Petra
die Geschmacklosigkeit Zutrauen dürfen, phantastische und nur in
Malerei mögliche Scheinarchitekturen in Stein übersetzt und ge-
rade als Grabfassaden benutzt zu haben.
1 Symposion S. 62; für Datierung in die „späthellenistische“ Epoche
ist neuerdings wieder Watzinger eingetreten: Kohl-Watzinger, Antike
Synagogen in Galilaea, 29. Wiss. Veröff. d. D. O. G. (1916) S. 162 f.
2 Nach freundlicher Mitteilung von G. Beer in Heidelberg.
3 Dalman, Neue Petraforschungen S. 77.