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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0038
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Rudolf Pagenstecher:

tektnr, wobei immer nur von der Dekoration, nicht von auf den
eigentlichen Bildern dargestellten Gebäuden die Rede ist. Hier ist
unverkennbare Verwandtschaft mit Petra vorhanden, wobei Petra
jedoch immer der Natur, oder doch einer möglichen Natur, ähn-
licher bleibt. Man kann diesen Unterschied nicht dadurch weg-
erklären, daß man die schwereren Massen des Steinmaterials dafür
verantwortlich macht, welche eine genaue Imitation der pompe-
janischen Fresken verhindert hätten. Der Stein hielt still, und
jeder Architekt hätte aus dem leicht zu bildenden Material die
Architekturen der pompejanischen Wände naturgetreu hervorholen
können. Macht man sich einmal von dem Vorurteil malerischer
Beeinflussung frei, so kann man zu einer Beurteilung der Petra-
fassaden kommen, die der Absicht des Architekten vielleicht näher
kommt.
Die ältesten Gräber Petras sind wie die Hegrfassaden Nach-
bildungen der Wohnhäuser von Lebenden1. Es ist nicht notwen-
dig, für die sogenannten Tempelgräber etwas anderes anzunehmen.
Bei vielen von ihnen macht es zwar den Eindruck, als sei die Giebel-
architektur eines Tempels nachgeahmt worden. Das ist aber keines-
wegs sicher, denn auch Privathäuser und Villen haben einen giebel-
förmigen Eingang besessen. Bauten wie das Stockwerkgrab in
Petra schließen jegliche Beeinflussung vom Tempel her aus. Da-
gegen sind solche Stockwerkbauten auf pompejanischen Malereien
nicht selten. Mehrstöckige, zu Villen gehörende Hallen kommen
häufig genug vor2. Da für die Stockwerkbauten die Ableitung
weder vom Tempel noch von einer Wandmalerei her diskutiert zu
werden braucht, wird man zugeben, daß ihrem Erbauer ebenso wie
dem Architekten der älteren Fassaden, ein reales Bauwerk, ein
Privathaus, ein Palast vorgeschwebt haben kann; da nun ver-
wandte Bauten tatsächlich überliefert sind, wird man nicht zögern
anzunehmen, daß der Baumeister wirklich nach uralter Gewohn-
heit das Grab als Wohnhaus gestaltet hat. Perspektivische Anregun-
gen — denn die gebrochenen Fronten der hellenistischen Häuser
verlangten ein vor und zurück — mag er, wenn er nicht aus der
Fremde kam, im Theater von Petra empfangen haben.
Aber ist denn ein Palast in der Art der Petrafassade denkbar ?
Ist die Tholos auf dem Dach möglich ? Darf man sich eine solche
Säulenhalle im oberen Stockwerk überhaupt vorstellen ?
1 SlEGLIN-ScHREIBER II 1 A S. 20.
2 Rosto'wze'w, Rom. Mitt. XXVI, 1911, S. 74 u. ö.
 
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