Alexandrinisehe Studien.
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kräftig ansteigen. Das Haupthaar ist auf dem Ivopf flüchtig in
große Knollen zerteilt ; es scheint sich über der Stirn in kleinen
Locken anzuordnen, die auch vor den schlecht erhaltenen, wohl
überhaupt vernachlässigten Ohren zu erkennen sind; in der Mitte
über der Stirn erhebt sich ein höheres Attribut, jenes bekannte
Feder- oder Blattsymbol1.
Die Flügel bezeichnen den Jüngling als Hermes, das zwischen
ihnen aufragende Symbol den Gott als griechisch-ägyptisch, der
Diskos ihn endlich als den Enagonios, den Schützer der Palästra,
das Vorbild der Jugend, die den alten Griechen gleich ihre Kräfte
im Wettkampf stärkte.
Die Statuette — Höhe 15 cm, Gesichtslänge 1,6 cm — ist-
gut erhalten. An schwereren Verletzungen ist nur das Fehlen des
rechten Fußes zu bedauern. Während die Form gut gewesen sein
muß, ist der Ausguß flau und nicht sorgfältig nachgearbeitet. So
sind die deutlich kenntlichen Schamhaare nicht nachziseliert; eine
Angabe der. Brustwarzen fehlt; die Leistenfuge ist schwächlich,
grob die Linie des Rückens. Hände und Füße sind ganz summa-
risch behandelt. Die Patina ist stumpf grün, nur am linken Fuß
bläulich. Rostbraune Flecken unterbrechen hier und da die ein-
heitliche Tönung. Der Eindruck der ganzen Figur in ihrer vor-
trefflichen Erhaltung ist trotzdem ein ausgezeichneter. So vermag
sie uns vielerlei zu lehren; für die endgültige Lösung einer viel und
sehr verschieden behandelten Frage versagt auch sie: so viele Dar-
stellungen des ägyptischen Hermes nachgewiesen sind, über das
Symbol, welches der Gott auf der Stirn trägt, hat eine Einigung
bisher nicht erzielt werden können. Was dem einen ein Lotosblatt
erscheint, ist dem andern eine Feder, und noch neuerdings haben
sich verschiedene Gelehrte in verschiedenem Sinne ausgesprochen2.
So wäre es wohl zuviel erwartet, wenn wir von unserem gerade
an der fraglichen Stelle nicht einwandfrei erhaltenen Stuttgarter
Hermes eine endgültige Entscheidung verlangen wollten. Erst
1 Die Statuette war bisher erwähnt von Gösseer im Führer durch die
Staatssammlungen vaterländischer Altertümer, Stuttgart 1908, 77 und von mir
im Arch. Jahrbuch XXVII, 1912, 148; inzwischen ist sie von R. Förster in
den Rom. Mitt. XXIX, 1914, 168ff. abgebilclet und besprochen worden.
Der unserem Hermes durch Förster zuteil gewordenen Behandlung kann nur
zugestimmt werden; allein das arevL^cov kann ich in dem Blick des Gottes
nicht finden.
2 Zuletzt ausführlich R. Förster a. a. O.
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kräftig ansteigen. Das Haupthaar ist auf dem Ivopf flüchtig in
große Knollen zerteilt ; es scheint sich über der Stirn in kleinen
Locken anzuordnen, die auch vor den schlecht erhaltenen, wohl
überhaupt vernachlässigten Ohren zu erkennen sind; in der Mitte
über der Stirn erhebt sich ein höheres Attribut, jenes bekannte
Feder- oder Blattsymbol1.
Die Flügel bezeichnen den Jüngling als Hermes, das zwischen
ihnen aufragende Symbol den Gott als griechisch-ägyptisch, der
Diskos ihn endlich als den Enagonios, den Schützer der Palästra,
das Vorbild der Jugend, die den alten Griechen gleich ihre Kräfte
im Wettkampf stärkte.
Die Statuette — Höhe 15 cm, Gesichtslänge 1,6 cm — ist-
gut erhalten. An schwereren Verletzungen ist nur das Fehlen des
rechten Fußes zu bedauern. Während die Form gut gewesen sein
muß, ist der Ausguß flau und nicht sorgfältig nachgearbeitet. So
sind die deutlich kenntlichen Schamhaare nicht nachziseliert; eine
Angabe der. Brustwarzen fehlt; die Leistenfuge ist schwächlich,
grob die Linie des Rückens. Hände und Füße sind ganz summa-
risch behandelt. Die Patina ist stumpf grün, nur am linken Fuß
bläulich. Rostbraune Flecken unterbrechen hier und da die ein-
heitliche Tönung. Der Eindruck der ganzen Figur in ihrer vor-
trefflichen Erhaltung ist trotzdem ein ausgezeichneter. So vermag
sie uns vielerlei zu lehren; für die endgültige Lösung einer viel und
sehr verschieden behandelten Frage versagt auch sie: so viele Dar-
stellungen des ägyptischen Hermes nachgewiesen sind, über das
Symbol, welches der Gott auf der Stirn trägt, hat eine Einigung
bisher nicht erzielt werden können. Was dem einen ein Lotosblatt
erscheint, ist dem andern eine Feder, und noch neuerdings haben
sich verschiedene Gelehrte in verschiedenem Sinne ausgesprochen2.
So wäre es wohl zuviel erwartet, wenn wir von unserem gerade
an der fraglichen Stelle nicht einwandfrei erhaltenen Stuttgarter
Hermes eine endgültige Entscheidung verlangen wollten. Erst
1 Die Statuette war bisher erwähnt von Gösseer im Führer durch die
Staatssammlungen vaterländischer Altertümer, Stuttgart 1908, 77 und von mir
im Arch. Jahrbuch XXVII, 1912, 148; inzwischen ist sie von R. Förster in
den Rom. Mitt. XXIX, 1914, 168ff. abgebilclet und besprochen worden.
Der unserem Hermes durch Förster zuteil gewordenen Behandlung kann nur
zugestimmt werden; allein das arevL^cov kann ich in dem Blick des Gottes
nicht finden.
2 Zuletzt ausführlich R. Förster a. a. O.