Alexan dr ini s'ch e Studien.
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Werk des Lysipp jetzt wohl nicht mehr in Anspruch nehmen kann),
so hegt skopasische Wucht in den Augen unseres Gottes1.
Eine Statue ist vorhanden, an die der Hermes Diskobolos
sich im Motiv wie von selbst anknüpft, der Jüngling von Anti-
kythera2, der, hin und her geschoben, seinen gesicherten Platz in
der Kunstgeschichte noch nicht gefunden hat. An vorlysippische
Entstehung zu glauben verbietet mir eben dasjenige Element,
welches wir als für den Hermes charakteristisch empfunden haben:
der leichte Aufbau, die Proportion innerhalb der Glieder, der sich
kräftig aus der Fläche loslösende rechte Arm. Daß der Hermes
von Antikythera, so möchte ich ihn mit Bulle nennen3, gebunden
ist im Verhältnis zum Apoxyomenos muß zugegeben werden; es
sind Einzelheiten vorhanden, eben die Schwere der Gliedmaßen,
die strengere Ponderation, welche sich mit dem Schaber nicht ver-
einigen lassen; auch führt der Weg vom Agias zum Apoxyomenos
keineswegs über den Hermes von Antikythera. Aber daß ein
Zeitgenosse des Lysipp unter dem Einfluß dieses Vollenders
griechischer Plastik die Statue von Antikythera geschaffen hat,
ohne im einzelnen sein Vorbild zu erreichen, das scheint mir
weitaus wahrscheinlicher als vorlysippischer Ursprung.
Für diese Annahme spricht auch unser Hermes Diskobolos.
Beide Statuen sind gleichsam als Gegenstücke gearbeitet, in korre-
spondierendem Sinne bewegt. An der Antikytherabronze liegt
die linke Seite in Ruhe: der Fuß ist fest aufgesetzt, die Hand hielt,
herabhängend, wohl das Kerykeion. Rechts ist Bewegung und
dorthin geht der Kopf mit den strahlenden Augen; dort erhebt
sich der Arm mit redender Geberde, auf dieser Seite steht das
Spielbein. Es ist weiter zurückgesetzt als beim Hermes, die ganze
Gestalt rascher bewegt, aber, wenn man für das Schreitmotiv und
die starke Abzeichnung der Leistenfuge mit Recht an Polykiet
1 Den Agias sprechen dem Lysipp u. a. zuletzt ab M. Bieber, Arch.
Jahrb. XXV, 1910, 172f., wo man die neuere Literatur findet, und Klein,
Österr. J.-H. XIV, 1911, 109.
2 Literatur bei M. Bieber a. a. O.
3 Der schöne Mensch 2. Aufl. zu Taf. 61; s. auch Klein, Gesell, d. gr.
Kunst II 403ff. Das Hinaustreten des Armes aus der Fläche hat die Malerei
natürlich schon viel früher gekannt; es kommt auch bei Darstellungen aus
der Palästra häufig genug vor: Brit. Mus. E 83; vgl. v. Duiin, Heid. S.-B.
1911, 6 S. 7, und namentlich die dort nicht abgebildete Schalenseite. Für
das von Duhn besprochene Motiv sei noch auf das Gemälde Antichitä di
Ercolano III Taf. 47 unten links hingewiesen.
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Werk des Lysipp jetzt wohl nicht mehr in Anspruch nehmen kann),
so hegt skopasische Wucht in den Augen unseres Gottes1.
Eine Statue ist vorhanden, an die der Hermes Diskobolos
sich im Motiv wie von selbst anknüpft, der Jüngling von Anti-
kythera2, der, hin und her geschoben, seinen gesicherten Platz in
der Kunstgeschichte noch nicht gefunden hat. An vorlysippische
Entstehung zu glauben verbietet mir eben dasjenige Element,
welches wir als für den Hermes charakteristisch empfunden haben:
der leichte Aufbau, die Proportion innerhalb der Glieder, der sich
kräftig aus der Fläche loslösende rechte Arm. Daß der Hermes
von Antikythera, so möchte ich ihn mit Bulle nennen3, gebunden
ist im Verhältnis zum Apoxyomenos muß zugegeben werden; es
sind Einzelheiten vorhanden, eben die Schwere der Gliedmaßen,
die strengere Ponderation, welche sich mit dem Schaber nicht ver-
einigen lassen; auch führt der Weg vom Agias zum Apoxyomenos
keineswegs über den Hermes von Antikythera. Aber daß ein
Zeitgenosse des Lysipp unter dem Einfluß dieses Vollenders
griechischer Plastik die Statue von Antikythera geschaffen hat,
ohne im einzelnen sein Vorbild zu erreichen, das scheint mir
weitaus wahrscheinlicher als vorlysippischer Ursprung.
Für diese Annahme spricht auch unser Hermes Diskobolos.
Beide Statuen sind gleichsam als Gegenstücke gearbeitet, in korre-
spondierendem Sinne bewegt. An der Antikytherabronze liegt
die linke Seite in Ruhe: der Fuß ist fest aufgesetzt, die Hand hielt,
herabhängend, wohl das Kerykeion. Rechts ist Bewegung und
dorthin geht der Kopf mit den strahlenden Augen; dort erhebt
sich der Arm mit redender Geberde, auf dieser Seite steht das
Spielbein. Es ist weiter zurückgesetzt als beim Hermes, die ganze
Gestalt rascher bewegt, aber, wenn man für das Schreitmotiv und
die starke Abzeichnung der Leistenfuge mit Recht an Polykiet
1 Den Agias sprechen dem Lysipp u. a. zuletzt ab M. Bieber, Arch.
Jahrb. XXV, 1910, 172f., wo man die neuere Literatur findet, und Klein,
Österr. J.-H. XIV, 1911, 109.
2 Literatur bei M. Bieber a. a. O.
3 Der schöne Mensch 2. Aufl. zu Taf. 61; s. auch Klein, Gesell, d. gr.
Kunst II 403ff. Das Hinaustreten des Armes aus der Fläche hat die Malerei
natürlich schon viel früher gekannt; es kommt auch bei Darstellungen aus
der Palästra häufig genug vor: Brit. Mus. E 83; vgl. v. Duiin, Heid. S.-B.
1911, 6 S. 7, und namentlich die dort nicht abgebildete Schalenseite. Für
das von Duhn besprochene Motiv sei noch auf das Gemälde Antichitä di
Ercolano III Taf. 47 unten links hingewiesen.