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Rudolf Pagenstecher:
Stelle der Pharaonen. Im Stein des Landes erstehen Tempel
ägyptischer Form und Bildnisse der Ptolemäer in Tracht und Auf-
treten der alten Könige des Nillandes. Auf die Zeit des Aufleuch-
tens griechischen Geistes in Alexandrien folgt, je später desto mehr,
ein Erstarken des Ägyptertums, ein Erstarren der griechischen
Formen. Fern von Alexandrien, Memphis und Pto'lemais war für
die Ureinwohner griechische Kunst und Kultur nur eine ober-
flächliche Tünche. Anderseits hat das Ägyptertum auch die grie-
chische Herrschaft nicht ohne Förderung gelassen. Die Wand-
dekoration wurde entscheidend beeinflußt (s. o. II), die alte Tech-
nik der Fayence lebt in neuen Formen wieder auf, die Karikatur
wird nach einer bestimmten Seite hin entwickelt — zu schweigen
von den Problemen, die sich an Isis und Sarapis knüpfen.
Den Einfluß des Praxiteles haben wir stark betont, den des
Skopas hervorgehoben; daß Lysipp, der Alexanderbildner, in der
größten Alexanderstadt merkbare Spuren nicht hinterlassen habe,
ist mehrfach und von verschiedenen Seiten behauptet worden1.
Das Gegenteil muß einmal ausdrücklich festgestellt werden. Um
anderes zu übergehen, nenne ich allein den lysippischen Marmor-
kopf eines Hermes, den G. Löschcke zuerst bekannt gemacht
und auch sofort richtig gewürdigt hat2. In derselben Weise sind
an diesem Bonner Kopf und der SiEGLiNschen Bronze die Flügel
befestigt : sie sitzen an der Binde, nicht am Kopfe selbst. Klarer
als am Diskoboi ist an ihm die Frisur, indem zwei Reihen von
Buckellöckchen deutlich unterschieden werden können, und diese
Eigentümlichkeit teilt der Kopf mit der Mehrzahl der in Ägypten
gefertigten Figuren des Hermes mit dem Blatt.
Ebenso unverkennbar, wie im Bonner Marmor ist in unserer
Statuette das Walten des Lysipp. Für ihn oder seine nächste
Schule spricht der leichte freie Stand, der von dem Schreiten
polykletischer Gestalten so unendlich verschieden ist, von ihm
stammt der kräftige und doch schlanke Aufbau der Figur und der
im Verhältnis fast zierliche Kopf. Daß die Arme etwas plump
ausfielen, darf man auf Rechnung des Mannes setzen, der die Form
für diese kleine Nachbildung herstellte. Die vorgeschobene Unter-
stirn erinnert an den Kopftypus des Apoxyomenos — und wie der
Agias zwischen ihm und Skopas vermittelt (obwohl man ihn als
1 Klein, Gesch. d. gr. Kunst III, 83.
2 B. J. B. 107, 48f.
Rudolf Pagenstecher:
Stelle der Pharaonen. Im Stein des Landes erstehen Tempel
ägyptischer Form und Bildnisse der Ptolemäer in Tracht und Auf-
treten der alten Könige des Nillandes. Auf die Zeit des Aufleuch-
tens griechischen Geistes in Alexandrien folgt, je später desto mehr,
ein Erstarken des Ägyptertums, ein Erstarren der griechischen
Formen. Fern von Alexandrien, Memphis und Pto'lemais war für
die Ureinwohner griechische Kunst und Kultur nur eine ober-
flächliche Tünche. Anderseits hat das Ägyptertum auch die grie-
chische Herrschaft nicht ohne Förderung gelassen. Die Wand-
dekoration wurde entscheidend beeinflußt (s. o. II), die alte Tech-
nik der Fayence lebt in neuen Formen wieder auf, die Karikatur
wird nach einer bestimmten Seite hin entwickelt — zu schweigen
von den Problemen, die sich an Isis und Sarapis knüpfen.
Den Einfluß des Praxiteles haben wir stark betont, den des
Skopas hervorgehoben; daß Lysipp, der Alexanderbildner, in der
größten Alexanderstadt merkbare Spuren nicht hinterlassen habe,
ist mehrfach und von verschiedenen Seiten behauptet worden1.
Das Gegenteil muß einmal ausdrücklich festgestellt werden. Um
anderes zu übergehen, nenne ich allein den lysippischen Marmor-
kopf eines Hermes, den G. Löschcke zuerst bekannt gemacht
und auch sofort richtig gewürdigt hat2. In derselben Weise sind
an diesem Bonner Kopf und der SiEGLiNschen Bronze die Flügel
befestigt : sie sitzen an der Binde, nicht am Kopfe selbst. Klarer
als am Diskoboi ist an ihm die Frisur, indem zwei Reihen von
Buckellöckchen deutlich unterschieden werden können, und diese
Eigentümlichkeit teilt der Kopf mit der Mehrzahl der in Ägypten
gefertigten Figuren des Hermes mit dem Blatt.
Ebenso unverkennbar, wie im Bonner Marmor ist in unserer
Statuette das Walten des Lysipp. Für ihn oder seine nächste
Schule spricht der leichte freie Stand, der von dem Schreiten
polykletischer Gestalten so unendlich verschieden ist, von ihm
stammt der kräftige und doch schlanke Aufbau der Figur und der
im Verhältnis fast zierliche Kopf. Daß die Arme etwas plump
ausfielen, darf man auf Rechnung des Mannes setzen, der die Form
für diese kleine Nachbildung herstellte. Die vorgeschobene Unter-
stirn erinnert an den Kopftypus des Apoxyomenos — und wie der
Agias zwischen ihm und Skopas vermittelt (obwohl man ihn als
1 Klein, Gesch. d. gr. Kunst III, 83.
2 B. J. B. 107, 48f.