Nomina ante res.
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von der sannen fallen auff das seyden fädelin, gibt es ainen schatten,
dar durch man dann sicht vmb wölliche zeit es sey . . . Der schalt
des compaß kommet da her, das der seiden faden hindert die sannen
strimen, das sy nicht mögen oder künnen auff den gantzen compaß
fallen. Hier liegt sichtlich die Bedeutung 'Taschensonnenuhr für
die Reise’ vor; sie spielte noch im 16. Jahrhundert eine solche
Rolle, daß es z. B. in Nürnberg eine eigene Zunft der Kompaß-
macher dieser Art gab, die vom Rat immer aufs neue vor den
Übergriffen der Siegelgraber und Eisenstecher behütet wurde1.
Die ältere Bedeutung lebt hier im alten Wortkreis neben der
neuen, erst seit dem Ausbau von Giojas Erfindung möglichen,
bis ins 18. Jahrhundert fort.
Die Vorgänge bei der Benennung der Buchdruckerkunst
sind zu bekannt, als daß sie hier einer Auseinandersetzung bedürf-
ten. Uns kann es genügen festzustellen, daß der um die Mitte
des 15. Jahrhunderts erfundene Druck mit beweglichen Lettern
seit etwa 1470 mit einem Wort benannt wird, das in den Jahrzehn-
ten vorher vom Zeug- und Blockdruck mit Reiber gegolten hatte,
das aber auch diese Verfahren nur durch junge Übertragung
bezeichnet und selbst wieder vor deren Erfindung weit zurück-
reicht mindestens in germanische Zeit. Die umlautlose obd. Form
drucken ist hier gegen gemeinnhd. drücken zum Siege gelangt,
weil die ersten bedeutenden Druckereien auf obd. Boden und in
der Hand obd. Meister standen, so daß ein leichter Zeitstempel
doch auch dieser scheinbar über die zeitlichen Verhältnisse erhabe-
nen Benennung auf geprägt ist.
Durch Bedeutungswandel längst vorhandener Wörter hat
die junge Schießkunst einen Teil ihres Wortbedarfes bestritten.
Schuß, Geschoß, schießen, Gewehr, laden, Lauf, Korn,
haben seit vierhundert Jahren einen neuen Bedeutungsinhalt
bekommen. Der Name der 'mit Körnern oder Kernen versehenen’
Frucht des Granatbaumes, des malum granatum, ist seit dem
16. Jahrhundert auf die hohle, mit Pulverkörnern gefüllte Kugel
übertragen worden, die sich seitdem von der Kugelform weit
entfernt und doch, wie Kugel selbst, ihr Nomen ante rem bewahrt
hat. Im Deutschen des 16. Jahrhunderts hat der damals neu
erfundene Hahn am Flintenschloß den uralten Namen des Vogels
1 Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler, hrsg. von Th.
Hampe I 1457. 2063. 2808. 3108. 3119 aus den Jahren 1524—48.
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von der sannen fallen auff das seyden fädelin, gibt es ainen schatten,
dar durch man dann sicht vmb wölliche zeit es sey . . . Der schalt
des compaß kommet da her, das der seiden faden hindert die sannen
strimen, das sy nicht mögen oder künnen auff den gantzen compaß
fallen. Hier liegt sichtlich die Bedeutung 'Taschensonnenuhr für
die Reise’ vor; sie spielte noch im 16. Jahrhundert eine solche
Rolle, daß es z. B. in Nürnberg eine eigene Zunft der Kompaß-
macher dieser Art gab, die vom Rat immer aufs neue vor den
Übergriffen der Siegelgraber und Eisenstecher behütet wurde1.
Die ältere Bedeutung lebt hier im alten Wortkreis neben der
neuen, erst seit dem Ausbau von Giojas Erfindung möglichen,
bis ins 18. Jahrhundert fort.
Die Vorgänge bei der Benennung der Buchdruckerkunst
sind zu bekannt, als daß sie hier einer Auseinandersetzung bedürf-
ten. Uns kann es genügen festzustellen, daß der um die Mitte
des 15. Jahrhunderts erfundene Druck mit beweglichen Lettern
seit etwa 1470 mit einem Wort benannt wird, das in den Jahrzehn-
ten vorher vom Zeug- und Blockdruck mit Reiber gegolten hatte,
das aber auch diese Verfahren nur durch junge Übertragung
bezeichnet und selbst wieder vor deren Erfindung weit zurück-
reicht mindestens in germanische Zeit. Die umlautlose obd. Form
drucken ist hier gegen gemeinnhd. drücken zum Siege gelangt,
weil die ersten bedeutenden Druckereien auf obd. Boden und in
der Hand obd. Meister standen, so daß ein leichter Zeitstempel
doch auch dieser scheinbar über die zeitlichen Verhältnisse erhabe-
nen Benennung auf geprägt ist.
Durch Bedeutungswandel längst vorhandener Wörter hat
die junge Schießkunst einen Teil ihres Wortbedarfes bestritten.
Schuß, Geschoß, schießen, Gewehr, laden, Lauf, Korn,
haben seit vierhundert Jahren einen neuen Bedeutungsinhalt
bekommen. Der Name der 'mit Körnern oder Kernen versehenen’
Frucht des Granatbaumes, des malum granatum, ist seit dem
16. Jahrhundert auf die hohle, mit Pulverkörnern gefüllte Kugel
übertragen worden, die sich seitdem von der Kugelform weit
entfernt und doch, wie Kugel selbst, ihr Nomen ante rem bewahrt
hat. Im Deutschen des 16. Jahrhunderts hat der damals neu
erfundene Hahn am Flintenschloß den uralten Namen des Vogels
1 Nürnberger Ratsverlässe über Kunst und Künstler, hrsg. von Th.
Hampe I 1457. 2063. 2808. 3108. 3119 aus den Jahren 1524—48.