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Preuschen, Erwin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 15. Abhandlung): Untersuchungen zum Diatessaron Tatians — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37677#0030
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30

Erwin Preuschen :

Nachdem sie aber im Diatessaron zu einem Vierklang von solcher
Stärke verbunden worden waren, konnte sie die Kirche nicht mehr
preisgeben, wenn sie auch das Diatessaron selbst ablehnte und
seinen Urheber verketzerte. Aus eben dieser Tatsache wird sich
auch vielleicht erklären, daß Irenäus, der doch noch einige selb-
ständige Kunde von Tatian verrät und der möglicherweise auch
Schriften von ihm gekannt hat, die verloren sind61), über das Dia-
tessaron schweigt, obgleich er es benutzt hat, wie denn über-
haupt. dessen Spuren im Abendland vollkommen verweht wären,
hätte nicht eine lateinische Bearbeitung das Werk, wenn auch
ohne den Namen seines Urhebers, erhalten.

3.
Es ist nunmehr an der Zeit, dem Werk selbst die Aufmerk-
samkeit zuzuwenden. Man merkt es der Ausdrucksweise des
Eusebius an, wie schwer es ihm fällt, die Eigenart der Arbeit
zutreffend zu beschreiben.62) Er muß nach Ausdrücken Sachen
und selbst gestehen, daß diese Ausdrücke doch der Sache nicht
ganz gerecht werden. Es sei gewissermaßen eine συνάφεια καί
συναγωγή der Evangelien gewesen, meint Eusebius (h. e. IV 29, 6).
Mit dem letzteren Ausdruck ist die äußerliche Vereinigung be-
61) Aus dem, was Iren. III 23, 8 schreibt, kann man auf solche Bekannt-
schaft schließen: mendax ergo is, qui prior hanc sententiam (d. h. der Möglich-
keit des Heils für Adam), immo hanc ignorantiam et caecitatem induxit, Tatianus;
connexio quidem factus omnium haereticorum, quemadmodum ostendimus; hoc
autem a semetipso adinvenit, uti novum aliquid praeter reliquos inferens, vacuum
loqueps, vacuos a fide auditores sibi praepararet, affectans magister haberi. Vgl.
dazu Zahn, Tatians Diatess., S. 8, 281. Es kann aber ebensogut auch hier eine
aus der Schule Tatians stammende Überlieferung benutzt sein, worauf der von
Irenäus schon I 28, 3 vorgebrachte boshafte Hinweis auf das starke Selbstbewußt-
sein Tatians als Lehrer zu deuten scheint. Ja, man wird den Verdacht nicht los,
daß Irenäus persönliche unliebsame Erfahrungen verwertet habe.
62) Ähnlich umständlich beschreibt Iso'dad im Prolog zu Markus das Diatessaron
(s. Harris, Fragments of the Commentary of Ephrem Syrus upon tlie Diatessaron
1895, p. 14): rVtcracoo γ£_2ιΛ20£\Υ»Δ ooain.^Oßa».1 οπ.τ».:=α\<Υ>
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,’Taod. h. „Tatianos, der Schüler des Philosophen und Märtyrers
Juslinus, traf eine Auswahl aus den vier Evangelisten und vermischte es und ver-
fertigte ein Evangelium und nannte es Diatessaron“. Iso'dad nennt auch den
syrischen Titel: reWlüos.i cvA\forcf d. i.: Evangelium der Gemischten.
 
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