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Preuschen, Erwin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 15. Abhandlung): Untersuchungen zum Diatessaron Tatians — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37677#0032
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32

Erwin Preuschen:

αμαρτωλοί τους αγαπώντας αυτούς άγαπώσιν. και εάν άγαθοποιήτε
τούς άγαθοποιούντας υμάς, ποια υμΐν χάρις έστίν; οί αμαρτωλοί τό
αυτό ποιοΰσιν. Aus der Vergleichung der beiden, die Grundlage
bildenden Textstellen ergibt sich die Arbeitsweise Tatians.65) Das
des Syrers kann ebensogut εάν wie ei sein. Es läßt sich danach
ment sicher entscheiden, wie der griechische Text herzustellen ist.
Vermutlich so, daß zunächst L die Vorlage abgab: ei αγαπάτε <τόν
άγαπώντα) υμάς, ποια ύμΐν χάρις έστίν; Daran ist Μ angeschlossen:
εάν γάρ άγαπήσης <τόν άγαπώντά) σε. και οί (εθνικοί) τό αυτό
ποιοΰσιν. Dann Schluß macht wieder ein Stück von L: (τον
άγαπώντα) αυτούς άγαπώσιν. Das, wofür sich im Text kein Anhalt
findet, ist hier in Klammern gesetzt: statt des regelmäßig gebrauchten
Singulars τον άγαπώντα steht bei M und L überall der Plural. Das
wird kein Zufall sein. Für Tatian ist ό άγαπών nicht irgendein
beliebiger menschlicher Freund, sondern Gott oder Christus. Damit
gewinnt das Wort allerdings eine ganz andere Bedeutung, als es
im Mund Jesu hat. Es kann, wie es hier gemeint war, auf die
Liebe der Menschen zu den Nebenmenschen gehen, die selbstver-
ständlich ist, wo sie sich als reine Gegenliebe erweist. In diesem
Sinne paßt das Wort in den Zusammenhang, der auch in dem
Diatessaron bewahrt ist. Es kann aber auch auf die Selbstverständ-
lichkeit der Liebe zu Gott gedeutet werden, die als Gegenliebe
gefaßt, den Christen auch über den Heiden noch nicht emporhebt.
Und hier finden wir eine höhere Betrachtungsweise, als sie das
schlichte Wort des Evangeliums an die Hand gibt. In diesem Zu-
sammenhang ist auch das εθνικοί, das Tatian für τελώναι bei M
und αμαρτωλοί bei L eingesetzt hat, nicht bedeutungslos. Wenn
man die geläufigen Zusammenstellungen τελώναι καί αμαρτωλοί Μ 9,
10. 11, 19; m 1, 15; L 7, 34. 15, 1 und ό εθνικός καί ό τελώνης
Μ 18, 17 zusammenhält, so ergibt sich die Leichtigkeit, die eine Be-
zeichnung durch die andere zu ersetzen. Tatian aber konnte, wenn
er dem Wort eine andere Färbung zu geben beabsichtigte, weder
αμαρτωλός noch τελώνης brauchen und setzte daher das fast synonyme
οί εθνικοί dafür ein. Der Text, den Tatian hergestellt hat, liest
sich glatt. Daß M und L kunstvoll ineinandergeschoben sind, würde

69 Mit dem arabischen Diatessaron ist nichts anzufangen, da es seiner Vor-
lage, dem Text der Pesitta von M 5, 46 wörtlich folgt. Die bezeichnenden
Eigentümlichkeiten des Diatessarons sind dabei völlig verschwunden. Hier, wie
bei der Hauptmasse des Stoffes, hat daher der Araber kaum einen andern Wert
als den eines Zeugen für die Überlieferung der Pesitta.
 
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