Metadaten

Preuschen, Erwin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 15. Abhandlung): Untersuchungen zum Diatessaron Tatians — Heidelberg, 1918

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37677#0042
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
42

Erwin Preuschen:

ληφθήσεται και εις [ετερος?] άφεθήσεται, mag dahingestellt bleiben.
Die Überlieferung bei L sowohl wie bei M ist wenigstens ganz ein-
hellig in der passivischen Form des Wortes, und ebenso hat auch
Severian, dessen Zitat im übrigen nicht ganz zuverlässig ist: “^sb
/" '/fr [<i'■'/'/{' εις παραλαμβάνεται και εις [oder ετερος] άφίεται.
Das wird wohl der Text Tatians sein, weil das Präsens aus M ent-
nommen ist. Codex D hat demnach auch hier den Text des Dia-
tessarons bewahrt. Ein aus M stammender Einschub ist ferner der
Zusatz έν ένι μυλώνι | oder μύλψ |, den bei L auch die altsyrische
Übersetzung83) bewahrt hat (röuyi K'.Turi.n Verständ-
lich ist auch der Text bei L έ'σονται δύο άλήθουσαι έπι τό αϋτό,
aber sehr viel anschaulicher ist es, wenn noch dazugesetzt ist: sie
mahlen an einem Mühlstein. Denn der Betrieb an den Handmühlen
erfordert auch heute noch das Zusammenarbeiten von zwei Frauen,
von denen die eine den Läuferstein in Bewegung erhält, während
die andere Frucht aufschüttet und die Handreichungen zu besorgen
hat.84) Das επι το αυτό bei L ist jedenfalls sehr viel blasser und
eben deshalb von Tatian offenbar gestrichen worden. Aus M ist
denn auch noch der Vers herübergenommen: δύο εσονται εν τώ
άγρψ' ό εις παραληφθήσεται και ό ετερος άφεθήσεται, wobei die
Verbalformen von dem Übersetzer wohl nicht genau wiedergegeben
sind. Das Verfahren, das Tatian einzuschlagen pflegt, ist auch hier
deutlich.85) Er nimmt den Text, den er in einem Evangelium findet,
zur Grundlage, und diesen Text übermalt er, indem er einzelne
Worte oder Sätze aus dem Paralleltext herübernimmt und so
geschickt einarbeitet, daß keine Nähte und Risse mehr sichtbar
bleiben. Die Auswahl ist in der Regel so getroffen, daß die An-
83) Auch Irenaus V 27, 1 hat denselben Text: et cum duo sint in eodem
lecto, unum assumere et alterum relinquere et duabus molentibus in una mola,
alteram assumere et alteram relinquere. Das ist Diatessaronform; vgl. das arah.
Diatessaron c. 42: „und zwei werden mahlen an einer Mühle; die eine wird weg-
genommen, die andere zurückgelassen werden“. (Ciasca p. \a\ sq.)
84) Vgl. die nach einer Photographie hergestellte Abbildung bei Guthe,
Kurzes Bibelwörterbuch 1903, S. 451, die zwei mahlende Frauen zeigt.
So) Die Form des Schlußsatzes ist deutlich. Sie stimmt auch bei M 24, 28
und L 17, 37 überein, nur daß hier statt des bei M gebrauchten edleren Aus-
drucks σώμα das vulgäre πτώμα verwandt ist. Irenaus IV 14, 1 liest der Lateiner
cadaver; das kann σώμα und πτώμα sein. Die armenische Übersetzung aber hat
7ÜÜ'’ das^Tiupa entspricht. Trotz des eher auf σώμα hinweisenden ,Πηρ,Γ/Λι
hei Pseudoephraem wird wohl πτώμα im Diatessaron gestanden haben, für das
der Syrer gesetzt haben wird.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften