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Preuschen, Erwin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 15. Abhandlung): Untersuchungen zum Diatessaron Tatians — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37677#0053
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I. Das Diaiessaron und seine Bedeutung für die Textkritik der Evangelien. 53

auf Grund von dessen Kirchengeschichte ans teilen konnte. Was
er in seinem Vorwort über Ammonius schreibt, beruht allerdings
auf einem groben Mißverständnis. Denn dieser hat nur ein fein
ausgedachtes Perikopensystem aufgestellt, das eine bequeme und
übersichtliche Darstellung des synoptischen Stoffes ermöglichte.
Er würde auch wohl den Namen des Ammonius nicht zur Wahl
gestellt haben, wenn nicht eben für jeden, der in der Kirchen-
geschichte Bescheid wußte, der Name Tatians mit dem Makel
der Ketzerei behaftet gewesen wäre. Aber beide Nachrichten er-
gänzen sich in willkommenster Weise und zeigen, daß Epiphanius
in der Tat das Diatessaron selbst gekannt hat. Da er gar kein
Urteil über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Überlieferung
abgibt, daß Tatian der Urheber sei, ist nicht einmal zu sagen, ob
ihm die Zusammenstellung des evangelischen Stoffes wirklich so
verwerflich erschien, wie die Verbindung mit Tatian nahe legen
könnte.
Damit ist nun aber die Frage schon entschieden, oh Epi-
phanius das Werk als ein griechisches oder ein syrisches gekannt
habe. Zahn sucht aus der, von Epiphanius gebuchten, törichten
Vermutung Kapital zu schlagen, daß· einige das Diatessaron „He-
bräerevangelium“ nennen. Denn das Hebräerevangelium, von dem
Epiphanius, als einer im Gebrauch der ebionitischen Sekten be-
findlichen Schrift. Zeugnis gibt, und von dem er Bruchstücke mit-
teilt101), war eben weder ein aramäisches, noch gar ein syrisches,
sondern ein griechisches Buch, mag auch auf dem rein ara-
mäischen Sprachgebiet, wie die höchst verdächtigen Angaben des
Hieronymus zu zeigen scheinen, eine aramäische Übersetzung
davon im Gebrauch gewesen sein. Eben darum besagt die Ver-
mutung, die das Diatessaron mit dem Hebräerevangelium zu-
sammenbringt, das Gegenteil von dem, was ihr Zahn entlocken
möchte. Wie sie entstehen konnte, ist hier nicht zu untersuchen.
Sic wird begreiflich, wenn das Diatessaron hinsichtlich seiner
Übereinstimmungen und seiner Abweichungen in einem ähnlichen
Verhältnis zu Matthäus stand wie das Hebräerevangelium; ferner,
wenn der Titel auch ohne das nur dem Gebildeten verständliche
διά τεσσάρων im Untertitel überliefert war, so daß der Benützer
allerdings auf die Vermutung kommen konnte, er habe hier eine
Schrift vor sich, die als Quelle die vier kanonischen Evangelien
gespeist habe, Von dem bei ihnen allein gebrauchten Hebräer-

I01) S. die Zusammenstellung in meinen Antilegomena 2 1905, S. 3 ff.
 
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