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Hausrath, August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 2. Abhandlung): Achiqar und Aesop: das Verhältnis der orientalischen zur griechischen Fabeldichtung — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37664#0023
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Achiqar und Aesop.

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in Prosa aufgelöst und umgekehrt in später Zeit wieder in byzan-
tinische Zwölfsilbler oder — so von Ignatius Diaconus im 9. Jahr-
hundert — in jambische Vierzeiler umgeformt worden.
Nach allem dem sind also in Halms kritikloser Ausgabe der
Aesopea, die meist die einzige Grundlage vergleichender Fabel-
forschung bildet1, vier Gruppen zu scheiden: I. alte volkstümliche
Fabeln, II. rhetorische Fabeln, beide unter dem Namen ,,Aesop“
erzählt, III. Babrius-Fabeln, IV. aufgelöste Babrius-Fabeln. In
der Zeit, da Babrius schrieb, war in die Fabelsammlungen natür-
lich schon viel fremdes Gut eingedrungen. Mit den Worten des
zweiten Proömiums (Crusius p. 98)
μ,ϋϋνς μέν, ώ παϊ βασιλέως ’Αλεξάνδρου
Σνρων παλαιών έσην ενρεμ’ άν&ρώπων,
οϊ πριν ποτ ήοαν επί Νίνον χε καί Βήλου
weist er auch nach meiner Meinung auf Achiqar hin. Also wäre
es durchaus nicht verwunderlich, wenn sich in den Gruppen III
und IV Achiqarfabeln fänden — was aber für Unselbständigkeit
der ursprünglichen griechischen Fabel nichts beweist. Wenn
anderseits Babrius einen Stoff aus den Gruppen I und II behan-
delt, so ist er nicht, wie das Smend tut, als eigene Instanz neben
,,Aesop“ zu werten, sondern einfach aus diesem abzuleiten.
Wenn wir nun nach diesen notwendigen Prämissen dazu
übergehen, die vergleichbaren Fabeln bei Achiqar und Aesop einan-
der gegenüberzustellen, so erheben wir wieder die Forderung, daß
nur verglichen werden darf, was sich in der Tat entspricht. Das
heißt, es muß der Gedankengang, das τέλος, jeder einzelnen
Fabel genau interpretiert werden und erst, wenn so eine tatsäch-
liche Übereinstimmung nachgewiesen ist, nicht aber bei ober-
flächlicher Ähnlichkeit dürfen Schlüsse gezogen werden.
Ich gebe nun ein Verzeichnis der Achiqarfabeln, in denen
Smend Ähnlichkeit mit aesopischen erkennt, indem ich sie mit
fortlaufenden Nummern bezeichne, die ich dann weiterhin ver-
wende. Bei Smend sind sie eingestreut in die Aufzählung aller
Achiqarfabeln, auch derer, zu denen Smend selbst in den Aesopicis
keine Parallele findet. Hinter den Fabeln gebe ich an, zu welcher
der oben festgestellten vier Klassen sie gehören.
1 Vgl. Babrius ed. Crusius p. ΧΧΙΓΓ, 1 über die: qui linguas et fabel-
las comparare potius solent quam pertractare.
 
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