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Hausrath, August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 2. Abhandlung): Achiqar und Aesop: das Verhältnis der orientalischen zur griechischen Fabeldichtung — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37664#0045
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Achiqar und Aesop.

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in die Hand und schafft ihm die Anerkennung auch nach dem
Tode.
Mit dieser Figur des überlegenen volkstümlichen Weisen,
dessen Leben ein Kampf und dessen Lebensatem die Freiheit ist,
vergleiche man den orientalischen Vezier und seine Spruchweisheit.
Ein kluger Kanzler (Schreiber nach dem· Papyrus) sucht sich in
seinem Sohn einen Nachfolger heranzuziehen. Von dem undank-
baren Zögling verleumdet, wird er wegen Hochverrats zum Tode
verurteilt. Aber durch Bestechung des Henkers, den er selbst
früher einmal vom Tode gerettet hat, gelingt es Achiqar, der
Gefahr auf abenteuerliche Weise zu entrinnen und später wieder
zu Macht und Ansehen zu kommen. So besteht dies Leben in einer
Kette höfischer Intrigen und sein Inhalt ist schlaffe Ergebenheit.
So wird der weise Achiqar zum Prediger einer bürgerlich anstän-
digen aber energielosen Gesinnung, wie wir sie aus der Spruch-
weisheit Salomos und Jesus Siraeh kennen, wo die Parallelen zu
Achiqar von den Herausgebern mit Leichtigkeit nachgewiesen sind.
Ich setze einige dieser Sprüche in der Fassung des Papyrus hier-
her, um den Gegensatz orientalischen und hellenischen Geistes,
von Achiqar und Aesop, zu kennzeichnen1.
Sachau, Tafel 45. 4. Mehr als alles behüte deinen Mund
und gegen das, was du gehört hast, mach das Herz schwer; denn
ein Vögelchen ist das Wort und ist es losgelassen, so ergreift es
kein Mensch wieder.
Sachau, Tafel 45. 11. Ich habe Bitterkraut gegessen und
Lattich geschluckt, aber es gibt nichts Bittereres als die Armut.
Sachau, Tafel 45. 13 — 17. Der König ist wie (Gott,) der
Barmherzige, auch seine Stimme ist laut. Wer ist es, der vor ihm
bestände, außer der, mit welchem Gott ist ? Schön ist ein König,
anzusehen wie der Sonnengott; und ehrwürdig ist seine Majestät
denen, die auf der Erde wandeln, den friedlichen Untertanen.
Sachau, Tafel 46. 1. Ich habe Stroh aufgehoben und Kleie
genommen, aber es gibt nichts, was leichter (verachteter) wäre
als ein Schutzgenosse.
Sachau, Tafel 47. 11. Begnüge dich mit deinem Lose und
verlange nicht nach etwas Großem, das dir versagt ist.
1 Nach der Übersetzung von Meissner S. 24. 25, die freilich weit über
das von Sachau Entzifferte hinausgeht.
 
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