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Driesch, Hans [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0057
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Logische Studien über Entwicklung.

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Mannigfaltigkeit sozusagen zerlegt. Hätte man den Begriff dieses
Agens, so hätte man ein Verständnis der Phylogenie. Und man
verstünde auch das System der Organismen in seinem durch
Begriffe erfaßbaren Sosein. Wie jenes Agens, als der Naturwirk-
lichkeit angehöriges Agens, eine unzerlegte Mannigfaltigkeit, wäre,
so wäre sein Begriff ein
ebenso wie ,,Kegelschnitt" oder ,,reguläres Polyeder" unentwik-
kelte cntwickelhare Begriffe sind, aus denen sich verstehen läßt,
daß es nur und Kegelschnitte und reguläre Polyeder
geben kann. Freilich nur die Logik müßte das alles fordern,
für eine Metaphysik möchte — ,,Freiheit" des Entwicklungs-
werdens bestehen. Das ist unentscheidbar (s. o. S. 10).
L
Was das vollendete Ganze sei, auf das die sich entwik-
kelnde Lebensgesamtheit hinweist, muß, wie erörtert wurde, durch-
aus im Vermutungshaften bleiben. Wie immer aber es geartet sei,
jcdenfatls erlaubt die bloße Einreihung dieser Gesamtheit in das
Schema hAc/'pr/'.swWcAg wrA eüüw'cA'U/We LömrAcP noch die folgen-
den Erwägungen:
Unter FV/iAZoT? wollen wir verstehen jedes Geschehen an
einem zu einem Ganzen gehörigen Teil, welches zur Er-
haltung des Ganzen in Beziehung steht.
Unter dem Gesichtspunkt überpersönlicher Ganzheit geht es
nun nicht, an, bloß die lndividualfunklionen als Funktionen des
Organismus zuzulassen, also bloß altes das, was Atmung, Assi-
milation, Sekretion, Formbitdung usw. heißt.
Die einfachste überpersönliche Funktion ist die Fortpflanzung.
Aber der ganze Form- und Lebenstypus jeder ,,Art" erscheint
jetzt selbst ats Funktionierendes, nämtich eben ats ,,Organ" des
Uberpersönlichen. Das lüberpersönliche, bildlich gesprochen, ,,will"
etwas mit jedem Form- und LebenstypusL Unter diesem Gesichts-
punkte, daß nämlich das Überpersünüche mit jeder individualen
Sonderausprägung etwas ,,will", gewinnen sogar die jeweiligen
Individualfunktionen erst ihren eigentlichen Sinn: wir verstehen
1 Siehe oben S. 14, Anm.; außerdem tk. Z. S. 149 f.
2 Das Überpersönliche ,,will" aber sicherlich nichts unendlich, durch
kontinuierliche Übergänge Abgestuftes im Sinne des LEiBNiz; dagegen spricht
die Systematik der Lebewesen, so wie sie ist. Es gibt, scholastisch gespro-
chen, das cacaa/a /o/vaarafa.
 
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