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Theophrastus; Bergsträsser, Gotthelf [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 9. Abhandlung): Neue meteorologische Fragmente des Theophrast: arabisch und deutsch — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37671#0028
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28

Gotthelf Beigsüäher:

Wollte man ohne Rücksicht auf die Überlieferung, die unseren
Text dem Theophrast zuschreibl, auf Grund der zusammengestellten
Parallelen zn einem Urteil über seine Herkunft kommen, so würde
man zunächst wohl geneigt sein, ihn auf Epikur oder seinen Kreis
zurückzuführen. Dafür könnte man eine Anzahl spezifische Be-
rührungen anführen: die Trennung von Blitz und Donner (zu 9 bis
14), die zweite Erklärung der runden Gestalt der Hagelkörner (41),
die Ausdrücke c?'s?äy6 (5) und irpricipp (52); vgl. weiter auch
zu 3. G. Mehr noch fiele ins Gewicht, daß von griechischen Philo-
sophen wohl nur Epikur in der Weise unseres Textes mehrere
Erklärungen derselben Erscheinung zur Wahl stellt; selbst seinen
Licblingsausdruck evbexevat YUvecr&ca könnte man in dem /Hum v?'er
GWinrA /mMu? (9) wiederfinden. Schwerwiegend ist von diesen
Argumenten nur das letzte. Denn spezifische Berührungen finden
sich nicht nur mit Epikur, sondern ebenso gut mit den Stoikern: das
Beispiel des Geldbeutels bzw. der Geldbüchse (28), die Erörterung
über die Arten der Erdbeben (G8. 69), auch der Ausdruck Sarnen
des (21); und vgl. weiter die ganze Erörterung über
den Schnee (36—39). Diese beiderseitigen Berührungen zu erklären
bleibt nichts übrig als die Annahme, daß unser Text entweder ganz
jung ist — jünger selbst als Arrian — und aus sehr verschieden-
artigen und entgegengesetzten Quellen geschöpft hat, oder, und das
ist das weit Wahrscheinlichere, daß in diesen Fällen spezifischer
Berührungen — soweit es sich nicht gar um Zufälligkeiten handelt
—- eben ältere Theorien vorliegen, für die uns nur gerade keine
älteren Belege erhalten sind. Und in der Tat hat ja Epikur kaum
selbständige Erklärungen gegeben, sondern nur ältere sich angeeignet,
und die Stoiker fußen in ihren naturwissenschaftlichen Forschungen
weitgehend auf Aristoteles.
So bleibt als Argument für epikureischen Ursprung nur die
Vielheit von Erklärungen derselben Erscheinung. Doch auch dieser
Umstand läßt sich von der Voraussetzung aus, daß die Überlieferung
mit der Zurückführung auf Theophrast recht hat, wohl ausreichend
verstehen: die Vorlage unseres Exzerpts muß eine Doxographie oder
wenigstens eine Darstellung mit starkem doxographischem Einschlag
gewesen sein, in der der Exzerptor die Namen der Urheber der
einzelnen Theorien als unwesentlich gestrichen und die Spuren der
eigenen Stellungnahme des Verfassers ziemlich verwischt hat. Eine
Doxographie in der Art des Aetios war die Vorlage allerdings nicht;
in diesem Fall würde kaum ein Exzerptor die Namen weggelassen
 
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