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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0027
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Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.

19

Die Votivreliefs an einen heroisierten Verstorbenen sind
naturgemäß später als die Mehrzahl der im Vorstehenden bespro-
chenen Weihbilder, denn die Heroisierung in weitgehender Form
ist erst hellenistisch. Im allgemeinen braucht hier nur gesagt zu
werden, daß die landschaftlichen Elemente auf ihnen (im Wesent-
lichen handelt es sich auch hier um Bäume mit Schlangen) desto
leichter verständlich werden, je näher man sie typologisch an die
den Göttern aufgestellten Weihreliefs heranbringt. Jene Bäume,
die über die Rückwand des Grabbezirkes kleinasiatischer Toten-
mahle hervorragen, führen uns zu einer weiteren Stufe land-
schaftlicher Darstellung40.
Die Abgrenzung eines unbedeckten Innenraumes von der
Umwelt war gleichmäßig nötig bei entwickelteren Weihreliefs und
Totenmahlen. Sie geschieht durch einen Vorhang oder durch eine
feste Umzäunung, welche bei den letzteren den Grabbezirk, bei
den ersteren das Temenos oder einen Teil desselben darstellt41.
Damit ist der Landschaft schon ein bedeutender Platz eingeräumt,
denn, so wenig sie zunächst noch selbst in die Erscheinung tritt,
so klar ist es, daß nur durch Rücksichtnahme auf eine voraus-
gesetzte Umwelt die Trennung von dieser gefordert wird. Der
Abschluß des Vordergrundes durch eine Mauer oder durch einen
Vorhang, über den höchstens die Spitzen der Bäume heraus-
ragen, bedeutet, daß der Künstler bewußt die Natur ausschließt,
weil er sich des Vorteils bewußt ist, nicht vor ihrem reich be-
wegten Hintergrund die ruhigen Linien der im Vordergrund
tätigen menschlichen Gestalten aufbauen zu müssen. Aus ähn-
lichen Gründen schafft etwa Ghirlandajo jene hohen, nur von den
höchsten Baumwipfeln überragten Abschlüsse seiner Bilder.
Gewiß ist sowohl bei Totenmahlen wie bei Votiven die Nach-
bildung des tatsächlich Vorhandenen ein Anreiz zur Ausgestaltung
des Hintergrundes gewesen. Das Wesentlichere aber scheint mir
der Zwang zu sein, den vorher neutralen Hintergrund des Bildes,
der durch die immer höher werdende Luftschicht über den
Köpfen der Dargestellten fortwährend an Eindruckswert gewann,
Relief aus Tsch.aouch.keuy Bull. Corr. Hell. XXXVII 1913 S. 356 Abb. 7
mit seiner Landschaft bezeichnend.
40 Pfuhl, Arch. Jahrb. XX, 1905, S. 136, Abb. 27.
41 In Alexandrien liegt die Sache etwas anders: Alexandrinische Studien,
Heid. S.-B. 1917, 12, S. 6f. und 17; Expedition Ernst von Sieclin II 1 A,
S. 71 und 79 (im Druck).
 
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