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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0042
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34

Rudolf Pagenstecher:

Wer Schreibers Untersuchungen über die Entstehung des
Reliefbildes sich zu eigen gemacht hat und der Ansicht huldigt,
daß nur im Zusammenhang mit der Marmorinkrustation der Wand
das Reliefbild zu rechter Wirkung komme und nur durch sie er-
klärlich sei85, wird fragen, wo denn diese bunten Marmorwände,
die für Alexandrien charakteristisch gewesen sein sollen und es
wohl auch, wenn gleich in späterer Zeit, als Schreiber annahm,
und kaum mehr als für Rom, gewesen sind, in Unteritalien und
Sizilien seien. Aber Studniczka hat schon die Notwendigkeit
der Schreiber sehen Voraussetzung verneint86, und es mag an
dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß sich das Reliefbild
frei aufgestellt auf einer Stele als direkter Nachfolger des älte-
ren Weihreliefs, oder eingelassen in eine nicht inkrustierte Wand,
oder, wie die Grimanischen Reliefs als rein dekorativer Teil eines
Baues ebensogut denken läßt. Bleibt man aber bei der Voraus-
setzung der Inkrustation, so mag man überzeugt sein, daß die
hellenistischen Städte Italiens hinter denen des Ostens nicht lange
werden zurückgestanden haben, und mag die Buntfarbigkeit in
ihnen vielleicht nicht in dem Maße wie in Alexandrien durch-
gedrungen sein, so bildete die weiße Marmorwand mindestens
denselben günstigen Hintergrund für das Relief wie die farbige87.
Nicht nur die Möglichkeit, sondern die Wahrscheinlichkeit
besteht somit, daß unter dem Einfluß Theokrits oder unter der
Einwirkung jener von uns im Einzelnen nicht mehr aufdeckbaren
Kräfte, die in Theokrit wirksam wurden und gewiß aus einer
Eigentümlichkeit der unteritalisch-sizilischen Rasse erklärbar
sind, das idyllische Relief in Unteritalien und Sizilien gleich zu
Beginn des dritten Jahrhunderts entstanden ist. Indem es sich
die Möglichkeiten, welche das Weihrelief seit alten Zeiten bot,
zunutze machte, wurde es zum landschaftlichen Relief mit idylli-
schem Inhalt. Das landschaftslose idyllische Relief wird durch
die Hirtin von Vasto d’Aimone vertreten (falls nicht doch ein
Baum oder irgend etwas anderes hinzugefügt war), den Übergang
zum eigentlichen Landschaftsrelief vermittelt das ländliche Opfer,
85 Die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo Grimani, S. 20ff.
80 „Zur Erinnerung an Theodor Schreiber“, Berichte über die Ver-
handlungen der kgl. sächs. Ges. d. W. 64 Bei, 4, S. 194.
87 Nach Holm, Geschichte Siziliens II S. 176 hat zwischen dem Sturz
Agrigents und Athens Syrakus alle Städte der alten Welt an Bedeutung und
Glanz überragt.
 
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