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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0045
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Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.

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das früheste heroisch-mythologische Relief mit landschaftlicher
Staffage. Wiederum ist es die Kleinkunst, die, unzweifelhaft in
engster Anlehnung an Werke der Großkunst, in eine frühere
Epoche, in das 3. Jahrhundert, hinaufführt.
In der Calenischen Reliefkeramik habe ich eine Scherbe des
Berliner Museums veröffentlicht94, welche im Relief auf der Innen-
seite des Bodens einen Mann darstellt, der unter einem weitästigen
Baum zu sitzen scheint, und über dessen Schulter ein nach links
zurückblickender Eros erhalten ist (Taf. I, 4). Ich datierte das
Relief in die hellenistische Zeit, ohne genauere Angaben machen
zu können. Kleinasiatische Herkunft war trotz des Fundortes auf
dem athenischen Nymphenhügel von vornherein wegen des Fir-
nisses so gut wie sicher. Zahn hat später die Datierung in das
3. (oder 4. ?) Jahrhundert ausgesprochen95.
Im Jahre 1912 konnte ich ein zweites Fragment derselben
Komposition, doch von einem anderen Exemplar, abbilden96
(Taf. I, 3). Danach stellt sich das Bild folgendermaßen dar:
Dionysos steht hoch aufgerichtet neben einem niedrigen vier-
eckigen Altar. Die rechte Hand faßt ein Szepter oder den Thyr-
sos dicht unter dem oberen Ende, während er den linken Arm um
den Nacken eines nach rechts schreitenden zu ihm aufblickenden
Satyrs legt. Neben diesem kniet auf einer Relieflinie im freien
Raum ein kleiner fackeltragender Eros, der anzeigt, daß das Ge-
schehnis bei Nacht vor sich geht, oder den bräutlichen Charakter
des Vorganges ankündigen soll. Ein zweiter Satyr ist voraus-
geeilt und unter dem mächtigen Baum niedergekniet. Er senkt
den Kopf und greift mit der rechten Hand nach einem nicht mehr
sichtbaren Gegenstand. Zwischen seiner Hand und seinem Körper
erblickt man eine Erhebung, die man zunächst für das nackte
Knie des Satyrs halten könnte, die aber aus der ganzen Szene sich
sofort als der zurückgebogene Arm einer hegenden Frau erkennen
läßt. Dionysos und Ariadne ist der Inhalt des Bildes.
Dieses Bild erfüllt alle Forderungen, welche wir an das heroisch-
mythologische Relief mit landschaftlicher Staffage stellen kön-
nen. Die Landschaft ist eben so wie im Telephosfries und in der
94 Calenische Reliefkeramik Taf. 2f.
95 Bei Rostowzew, Rom. Mitt. XXVI, 1911, S. 115, der die Anm. 94
genannte Publikation übersah.
96 Arch. Jahrb. XXVII, 1912, S. 167, Abb. 17 naehBRÖNDSTED, Voyages
dans la Grece II, taf. LX, S. 314.
 
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