Der Kommunismus der Wiedertäufer in Münster und seine Quellen. 17
oben nicht, und in der „Gemeinschaft der Heiligen“ erschließt er
gerade aus dem Wesen des Nachtmahls als eines Liebeszeichens,
daß es sich nicht um eine aufrührerische Gemeinschaft, nicht ein
Zusammentragen der Güter handle — wie könnte sonst die Heilige
Schrift von Borgen und Schenken reden! —, sondern nur um
„ein lediges abgeschältes Herz, das alles mit Gott und seinen Kin-
dern gemein hat“. Auch der Gedanke fehlt nicht (Parad. 1. c.
und S. 410a), daß man sich nur vom Überfluß befreien soll, „auf
daß ein Gleiches sei, und alles gemein und gleich zugehe,“ unter
Berufung wieder auf II. Kor. 8, 1 ff. 9, 1 ff.
Aber daneben stehen dann doch die anderen Gedanken, daß
„das Eigen, Eigentum und Eigennutz ein bösen Klang hat in
aller Menschen Ohren“ und es „natürlich in ihnen ist, eingeschrieben
durch den Finger Gottes in ihr Herz, daß alle Dinge gemein und
ungeteilt sein sollen“, und die ganze Ausführung in den Paradoxa
schließt mit dem starken Satz: „der Welt Recht ist vor Gott ein
Gewalt und ihr Gerechtigkeit ein Unrecht.“ Und es hatte eben
doch Zeiten auf Erden gegeben, da es kein solches Eigentum gab,
nicht etwa nur im Paradies, sondern auch in derZeit vor Nimrod —
also doch ein goldenes Zeitalter primitiver Kultur — und dann doch
auch wieder in der ersten Kirche des heiligen Geistes, in „seiner
reinen Gemeine“1. Sollten nicht die Christen, die „in Christus
in ihre erste, ja größere Unschuld versetzt sind“2, dem nach-
folgen und versuchen, eine „Restitution“ durchzuführen? Wal-
es nicht vielleicht nur weltfremde Innerlichkeit, nur der kritische
Pessimismus, der Franck eben zu dem einsamen Propheten machte ?
Wenn Gott nun andere neue Propheten von aktiverer Art aus-
sendete ? Es kam doch darauf an, mit welchen Augen man
Franck las!
In allen Schriften aber spielt eine Rolle der IV. (bezw. V.)
Clemensbrief, dem schon in der Geschichtsbibel das Kernstück
(nach der Sichardschen Ausgabe) entnommen ist. In den Paradoxa
beginnt Franck mit dem gleichen Zitat und weist dann (S. 99 a unten)
noch einmal auf Clemens hin, in der „Gemeinschaft der Heiligen“
setzt er sich mit der Stelle auseinander, die die Gemeinschaft
sogar auf die Weiber ausdehnt3, und selbst in der „Declaration“
1 Parad. S. 99 a.
2 Hegler, Seb. Francks Lat. Par., S. 111.
3 Hegler hat die Stelle entweder völlig entstellt vorgefundem oder
ganz mißverstanden, wenn er sie so wiedergibt: „Wiewohl Clemens der fünfte
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1919. 11. Abh.
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oben nicht, und in der „Gemeinschaft der Heiligen“ erschließt er
gerade aus dem Wesen des Nachtmahls als eines Liebeszeichens,
daß es sich nicht um eine aufrührerische Gemeinschaft, nicht ein
Zusammentragen der Güter handle — wie könnte sonst die Heilige
Schrift von Borgen und Schenken reden! —, sondern nur um
„ein lediges abgeschältes Herz, das alles mit Gott und seinen Kin-
dern gemein hat“. Auch der Gedanke fehlt nicht (Parad. 1. c.
und S. 410a), daß man sich nur vom Überfluß befreien soll, „auf
daß ein Gleiches sei, und alles gemein und gleich zugehe,“ unter
Berufung wieder auf II. Kor. 8, 1 ff. 9, 1 ff.
Aber daneben stehen dann doch die anderen Gedanken, daß
„das Eigen, Eigentum und Eigennutz ein bösen Klang hat in
aller Menschen Ohren“ und es „natürlich in ihnen ist, eingeschrieben
durch den Finger Gottes in ihr Herz, daß alle Dinge gemein und
ungeteilt sein sollen“, und die ganze Ausführung in den Paradoxa
schließt mit dem starken Satz: „der Welt Recht ist vor Gott ein
Gewalt und ihr Gerechtigkeit ein Unrecht.“ Und es hatte eben
doch Zeiten auf Erden gegeben, da es kein solches Eigentum gab,
nicht etwa nur im Paradies, sondern auch in derZeit vor Nimrod —
also doch ein goldenes Zeitalter primitiver Kultur — und dann doch
auch wieder in der ersten Kirche des heiligen Geistes, in „seiner
reinen Gemeine“1. Sollten nicht die Christen, die „in Christus
in ihre erste, ja größere Unschuld versetzt sind“2, dem nach-
folgen und versuchen, eine „Restitution“ durchzuführen? Wal-
es nicht vielleicht nur weltfremde Innerlichkeit, nur der kritische
Pessimismus, der Franck eben zu dem einsamen Propheten machte ?
Wenn Gott nun andere neue Propheten von aktiverer Art aus-
sendete ? Es kam doch darauf an, mit welchen Augen man
Franck las!
In allen Schriften aber spielt eine Rolle der IV. (bezw. V.)
Clemensbrief, dem schon in der Geschichtsbibel das Kernstück
(nach der Sichardschen Ausgabe) entnommen ist. In den Paradoxa
beginnt Franck mit dem gleichen Zitat und weist dann (S. 99 a unten)
noch einmal auf Clemens hin, in der „Gemeinschaft der Heiligen“
setzt er sich mit der Stelle auseinander, die die Gemeinschaft
sogar auf die Weiber ausdehnt3, und selbst in der „Declaration“
1 Parad. S. 99 a.
2 Hegler, Seb. Francks Lat. Par., S. 111.
3 Hegler hat die Stelle entweder völlig entstellt vorgefundem oder
ganz mißverstanden, wenn er sie so wiedergibt: „Wiewohl Clemens der fünfte
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1919. 11. Abh.
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