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H. von Schubert:
besonderen Quelle entstammend angesehen. Auch der Dialog über
das Schicksal ist ein besonderes Stück (IX, 17. 19—29), nach den
neuesten Forschungen nicht dem Dialog des Bardesanes 7rspl sigap-
pivrjp selbst, sondern einem ähnlichen seines Schülers Philippus
entnommen1. Für unseren Dialog in ähnlicher Weise eine einzige
Quelle nachzuweisen ist noch nicht gelungen. Bei der Lücken-
haftigkeit der Überlieferung ist damit keineswegs gesagt, daß eine
solche fehle. Aber auch wenn wir sie nachweisen könnten, wäre
damit die Frage noch nicht erledigt, woher die Sätze über den
Kommunismus stammen, die hier in prägnanter Kürze und des-
halb durch die Jahrhunderte nachwirkend formuliert sind2.
Aus dem Textzusammenhang darf man ihre Lösung nicht
entnehmen. Diskussionen, wie sie hier über das bonum und malum
geführt werden, weisen uns in die Linie Sophisten-Aristipp-Epikur.
Und in der Tat bekennt Faustinian mit Epikur besonders vertraut
zu sein, wie sein Sohn Nicetas auch (VIII, 17). Der vehemens sernio,
der unter den griechischen Philosophen im Schwange geht, läßt sich
besonders bei Aristipp mit ganz ähnlichen Worten nachweisen3.
Freilich, auf die Ansicht, daß der Diebstahl deshalb kein Diebstahl
sei, weil man das fremde Gut hätte offen wegnehmen sollen, da
allen alles gehört und das Eigentum im Grunde Diebstahl ist,
1 Vgl. Waitz, Texte und Unters. S. 251 und Real-Enc.3 XXIII, 316,
2 Und auf die doch auch Pöiilmann in seinem so viel Material dar-
bietenden Werke über „Sozialismus und soziale Frage im Altert.“, 2 Bde.,
2. Aufl., 1912, nicht gestoßen ist.
3 Diogenes Laert., vitae phil. II, 8, 8 (93): [atjSev te slvai cpüaei, Slxaiov
y) xaXov 7j alaypov, a/./.a vo[aco xal säst,, vgl. Rec. X, 5: in vita hominum re ipsa
neque bonum esse aliquid neque malum; sed quae videntur liominibus usu et
consuetudine praeventis vitae, haec aut mala dicunt aut bona. Diog. L. 1. c. 13
(99): xZe^eiv te xal p.oi,/£ucreiv xal IspoauX/iastv ev xai.pcp • [j.7)8ev yap toutcov cpüasi
alaypov slvai, ~r\q sVauTOic; 8oG]p alpo[At'V7]<;, 7) aüyxsiTai svsxa t% tcov äcppovcov auvoyTjc;,
vgl. Rec. 1. c. (nam neque homicidium revera malum est — —). Neque adul-
terium malum esse dicunt, si enim ignoret vir aut non curet, nihil, aiunt, mali
est. Sed neque furtum malum esse — —. Das Motiv des Heimlichen, das das
furtum zum malum macht, bei Epikur selbst, Diog. L. 1. c. X, 31 (151): 7] dSixla
06 xah-’ sauTTjv xaxov, dXX’ ev -reo xara ttjv UTtodaav cpößco eI jat] XrjaEi Toup ü~sp tcov
toiootcov eqrp'rrixÖTuc, xoXacrrdc;. oux eoti tov XaFpa te TroiouvTa cbv ouvsFsvto
7rpo<; dXX7]A°u? elq to (ay) ßAa—teiv \xrfis ßXd-TEa&at, tlicteÜei.v oti A'/jast,, xdv
jAuptaxii; s7tl tou “apovTO? Aavhdv7] • (Asypi yap xaTaaTpocpYjc; d87)Aov zl xal Ayjcts!..
Nur daß in den Recogn. die Furcht vor der Entdeckung nicht herausgehoben
wird. — Natürlich finden sich auch bei den Skeptikern ähnliche Gedanken-
gänge, z. B. Sextus Empiricus, s. Zeller, Gesch. d. Phil. d. Griechen III,
24, 68, ferner Karneades’ berühmte Disputation in Rom, a. a. O. S. III4,1,550.
H. von Schubert:
besonderen Quelle entstammend angesehen. Auch der Dialog über
das Schicksal ist ein besonderes Stück (IX, 17. 19—29), nach den
neuesten Forschungen nicht dem Dialog des Bardesanes 7rspl sigap-
pivrjp selbst, sondern einem ähnlichen seines Schülers Philippus
entnommen1. Für unseren Dialog in ähnlicher Weise eine einzige
Quelle nachzuweisen ist noch nicht gelungen. Bei der Lücken-
haftigkeit der Überlieferung ist damit keineswegs gesagt, daß eine
solche fehle. Aber auch wenn wir sie nachweisen könnten, wäre
damit die Frage noch nicht erledigt, woher die Sätze über den
Kommunismus stammen, die hier in prägnanter Kürze und des-
halb durch die Jahrhunderte nachwirkend formuliert sind2.
Aus dem Textzusammenhang darf man ihre Lösung nicht
entnehmen. Diskussionen, wie sie hier über das bonum und malum
geführt werden, weisen uns in die Linie Sophisten-Aristipp-Epikur.
Und in der Tat bekennt Faustinian mit Epikur besonders vertraut
zu sein, wie sein Sohn Nicetas auch (VIII, 17). Der vehemens sernio,
der unter den griechischen Philosophen im Schwange geht, läßt sich
besonders bei Aristipp mit ganz ähnlichen Worten nachweisen3.
Freilich, auf die Ansicht, daß der Diebstahl deshalb kein Diebstahl
sei, weil man das fremde Gut hätte offen wegnehmen sollen, da
allen alles gehört und das Eigentum im Grunde Diebstahl ist,
1 Vgl. Waitz, Texte und Unters. S. 251 und Real-Enc.3 XXIII, 316,
2 Und auf die doch auch Pöiilmann in seinem so viel Material dar-
bietenden Werke über „Sozialismus und soziale Frage im Altert.“, 2 Bde.,
2. Aufl., 1912, nicht gestoßen ist.
3 Diogenes Laert., vitae phil. II, 8, 8 (93): [atjSev te slvai cpüaei, Slxaiov
y) xaXov 7j alaypov, a/./.a vo[aco xal säst,, vgl. Rec. X, 5: in vita hominum re ipsa
neque bonum esse aliquid neque malum; sed quae videntur liominibus usu et
consuetudine praeventis vitae, haec aut mala dicunt aut bona. Diog. L. 1. c. 13
(99): xZe^eiv te xal p.oi,/£ucreiv xal IspoauX/iastv ev xai.pcp • [j.7)8ev yap toutcov cpüasi
alaypov slvai, ~r\q sVauTOic; 8oG]p alpo[At'V7]<;, 7) aüyxsiTai svsxa t% tcov äcppovcov auvoyTjc;,
vgl. Rec. 1. c. (nam neque homicidium revera malum est — —). Neque adul-
terium malum esse dicunt, si enim ignoret vir aut non curet, nihil, aiunt, mali
est. Sed neque furtum malum esse — —. Das Motiv des Heimlichen, das das
furtum zum malum macht, bei Epikur selbst, Diog. L. 1. c. X, 31 (151): 7] dSixla
06 xah-’ sauTTjv xaxov, dXX’ ev -reo xara ttjv UTtodaav cpößco eI jat] XrjaEi Toup ü~sp tcov
toiootcov eqrp'rrixÖTuc, xoXacrrdc;. oux eoti tov XaFpa te TroiouvTa cbv ouvsFsvto
7rpo<; dXX7]A°u? elq to (ay) ßAa—teiv \xrfis ßXd-TEa&at, tlicteÜei.v oti A'/jast,, xdv
jAuptaxii; s7tl tou “apovTO? Aavhdv7] • (Asypi yap xaTaaTpocpYjc; d87)Aov zl xal Ayjcts!..
Nur daß in den Recogn. die Furcht vor der Entdeckung nicht herausgehoben
wird. — Natürlich finden sich auch bei den Skeptikern ähnliche Gedanken-
gänge, z. B. Sextus Empiricus, s. Zeller, Gesch. d. Phil. d. Griechen III,
24, 68, ferner Karneades’ berühmte Disputation in Rom, a. a. O. S. III4,1,550.