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A. Warburg:
auch Saturnkind49. Zu Luthers spöttischer Bemerkung vom Jahre
1532 erhalten wir so den bildlichen Hintergrund ,,volkstümlich“
gewordener hellenistischer Antike.
Hatten die Planeten schon in regelmäßiger, gemeinschaftlicher
Jahresregentschaft, aber gleichsam mit wechselndem Präsidium
einen starken Einfluß, so wurden sie geradezu zu „aktuellen“'
Weltbeherrschern und Augenblicksgöttern, wenn sie als gleich-
zeitig und zusammenwirkend beobachtet oder verrechnet wurden,
d. h. wenn sie in Konjunktion standen. Nur in großen Zeitumläufen,
die man Revolutionen nannte, waren solche Konjunktionen zu
erwarten. Man unterschied in sorgfältig ausgeklügeltem System
Abb. 8. Astrologischer Kosmos und Nativitätsschema nach: Ad. Drechsler, Astrologische
Vorträge, Dresden 1855.
große und größte Konjunktionen; die letzteren waren durch das
Zusammentreffen der oberen Planeten Saturn, Jupiter und Mars
die gefährlichsten, ereigneten sich aber auch nur in langen Zwischen-
räumen. Je mehr Planetenkonjunktionen dann zusammentrafen,
desto erschrecklicher war es, wenn auch der Planet vom besseren
Charakter den schlechteren günstig beeinflussen konnte. Diese
segensreiche Einwirkung fiel z. B. dem Jupiter, den man sich unge-
fähr wie einen gütigen gelehrten geistlichen Herrn dachte, dem
Saturn gegenüber zu. Entscheidend für die Wirkung der Kon-
junktion war ferner der Himmelsort. Man zerschnitt die ganze
Himmelskugel mathematisch in 12 Abteilungen, die man als Häuser
bezeichnete. Diesen 12 Bezirken entspricht auf dem üblichen
Nativitätsschema je ein Dreieck50 (vgl. Abb. 8).
49 Vgl. Rochus von Liliencron, Die siebente Todsünde, 1903, S. 158.
50 Wer sich über Grundbegriff und Wesen der Astrologie genau unter-
richten will, dem kommt das Büchlein von F. Boll, Sternglaube und Stern-
deutung (Aus Natur und Geisteswelt, Nr. 638 2. Aufl. 1919) meisterhaft zu
Hilfe.
A. Warburg:
auch Saturnkind49. Zu Luthers spöttischer Bemerkung vom Jahre
1532 erhalten wir so den bildlichen Hintergrund ,,volkstümlich“
gewordener hellenistischer Antike.
Hatten die Planeten schon in regelmäßiger, gemeinschaftlicher
Jahresregentschaft, aber gleichsam mit wechselndem Präsidium
einen starken Einfluß, so wurden sie geradezu zu „aktuellen“'
Weltbeherrschern und Augenblicksgöttern, wenn sie als gleich-
zeitig und zusammenwirkend beobachtet oder verrechnet wurden,
d. h. wenn sie in Konjunktion standen. Nur in großen Zeitumläufen,
die man Revolutionen nannte, waren solche Konjunktionen zu
erwarten. Man unterschied in sorgfältig ausgeklügeltem System
Abb. 8. Astrologischer Kosmos und Nativitätsschema nach: Ad. Drechsler, Astrologische
Vorträge, Dresden 1855.
große und größte Konjunktionen; die letzteren waren durch das
Zusammentreffen der oberen Planeten Saturn, Jupiter und Mars
die gefährlichsten, ereigneten sich aber auch nur in langen Zwischen-
räumen. Je mehr Planetenkonjunktionen dann zusammentrafen,
desto erschrecklicher war es, wenn auch der Planet vom besseren
Charakter den schlechteren günstig beeinflussen konnte. Diese
segensreiche Einwirkung fiel z. B. dem Jupiter, den man sich unge-
fähr wie einen gütigen gelehrten geistlichen Herrn dachte, dem
Saturn gegenüber zu. Entscheidend für die Wirkung der Kon-
junktion war ferner der Himmelsort. Man zerschnitt die ganze
Himmelskugel mathematisch in 12 Abteilungen, die man als Häuser
bezeichnete. Diesen 12 Bezirken entspricht auf dem üblichen
Nativitätsschema je ein Dreieck50 (vgl. Abb. 8).
49 Vgl. Rochus von Liliencron, Die siebente Todsünde, 1903, S. 158.
50 Wer sich über Grundbegriff und Wesen der Astrologie genau unter-
richten will, dem kommt das Büchlein von F. Boll, Sternglaube und Stern-
deutung (Aus Natur und Geisteswelt, Nr. 638 2. Aufl. 1919) meisterhaft zu
Hilfe.