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Ficker, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 5. Abhandlung): Hebräische Handpsalter Luthers — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37682#0028
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28

Johannes Ficker:

video Ps. 88. Ehe er noch den gelehrten Apparat zur Weiterführung
seiner wissenschaftlichen Arbeit zur Hand hatte1, ging er an die
Auslegung des 68. Psalmen, der durch die Verwertung einiger
seiner Verse im Meßgottesdienste an Himmelfahrt und Pfingsten
wie unmittelbar zu ihm trat. Drei Wochen gerade war er auf
der Burg, als er schon die Handschrift seiner Auslegung an Me-
lanchthon schicken konnte, und nicht viel später — die Vorrede
der Schrift von der Beichte, der der Psalm angehängt wurde, ist
auf den 1. Juni datiert, doch war der Psalm am 10. Juni noch nicht
ausgearbeitet2 — ist der Psalm in Angriff genommen worden,
den er vor allen häufig und mit stärkster persönlicher Selbst-
verknüpfung betrachtet und ausgelegt hat, Ps. 119. Es folgte
dann der Trostbrief an die Gemeinde in Wittenberg, für die er
wiederum, wie S. Paulus sagt Röm. 15, „die schrift, die voller
trostis ist“, reden läßt, mit der Verdeutschung des 37. Psalmen.
Man weiß, wie emsig Luther auf der Wartburg die Bibelsprachen
trieb. Bibliam Graecam et IJebraeam lego, schreibt er schon am
14. Mai an Spalatin in dem Briefe, in dem er sich sein gelehrtes Rüst-
zeug aus Wittenberg erbittet. Hebraica et Graeca disco. Opto esse
unus in Hebraeis discipulus, nämlich bei Aurogallus3. Täglich übte
er sich in der Sprache des Alten Testaments. Auch in den Aus-
legungen der Psalmen zieht er wiederholt die Worte des Grund-
textes heran, gewöhnlich in deutscher Schreibform, im 68. Psalmen
in den Anmerkungen zweimal in hebräischen Lettern4. Luther
hat also den Grundtext benutzt, und wenn er ihn für die Psalmen
schon verwertet, ehe er die Bücher aus seiner Bibliothek erhalten
hat, so kann der nur ein Handpsalter gewesen sein. Und es kann
nur derselbe sein, in den er seine Randglossen eingetragen hat. Denn
diese sind gerade in seinen Psalmauslegungen wiederzuerkennen:
1 prae otio, carens libris, a. a. O. S. 162. Luther las danach nicht
mehr über den Psalter, weil dieser, wie er später sagt, ein liber ex-
hortatorius et consolatorius, nicht didacticus sei. Tischreden, W. A. 1,
n. 43, vgl. n. 19. 790.
2 A. a. O. S. 171. 3 Enders 3, S. 148. 171. 191.
4 Im 68. Psalter W. A. 8, S. 6. 7. 9. 10 (zweimal nirP am Rande (in
Holzschnitt). 13. 16. 17. 23. 27. 31. 34. In Ps. 119 ist nur einmal schabab
angeführt, sonst ist auf den dem hebräischen Worte zunächst entsprechenden
deutschen Ausdruck verwiesen: „auf hebräisch“. Im 37. Ps. ist ebenfalls
auf die hebräischen Wortformen selbst (in deutscher Schreibweise) Bezug
genommen: S. 217. 220. 221. 225. 229. 231. 234. Auch das ReuchlinscItc
Wörterbuch hat er in der Folge auf der Wartburg benutzt, s.. die Überein-
stimmung der hebräischen Worte in Ps. 37.
 
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