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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0034
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Ernst Lohmeyer:

tig, so gewinnt auch das Wort: Χρίστου εύωδία έσμέν besondere
Prägnanz; es ist dann eines der wenigen Worte, in denen, für uns
nachweisbar, der ursprüngliche Sinn des Namens Christus in dem
ganzen Umkreis seiner Bedeutung lebendig geworden ist12.
Eine Bestätigung dieser Ausführungen gibt eine Stelle aus
dem Epheserbrief des Ignatius, die darum schon hier angeführt
sein mag (17, 1): διά τούτο μ,ύρον ελάβεν επί της κεφαλής αύτοΰ 6
κύριος, ίνα πνέη τη εκκλησία άφΈαρσίαν. μή άλείφεσΑε δυσωδίαν
τής διδασκαλίας του άρχοντος τού αίώνος τούτου μή αίχμαλωτίση υμάς
έκ τού προκειμένου ζην.
Der schon in der hellenischen Mythologie vorhandene Gegen-
satz zwischen menschenfeindlichen und -freundlichen göttlichen
Mächten ist hier in der Sphäre christlicher Anschauung zum Gegen-
satz von Herr und Teufel, göttlicher und widergöttlicher Gewalten
geworden1 2 3; aber die alten Symbole sind unverändert erhalten ge-
blieben. Doch ist auch hier die Sinnlichkeit der Vorstellung ins
Allegorische gewandelt. Wie es eine symbolhafte Handlung ist,
daß ,,der Herr Salbe auf sein Haupt nimmt“, so ist es auf der Gegen-
seite die Lehre des Weltherrschers, die den widrigen Geruch ver-
breitet; und wie die Salbe des Herrn Gleichnis ist des Geistes der
Unvergänglichkeit, so der teuflische Geruch Gleichnis der Lehre,
1 Der Begriff οσμή εύωδίας begegnet bei Paulus noch Phil. 4, 18, ferner
Eph. 5, 2. Beide Male steht er, ganz im Sinne der LXX, von denen er geprägt
ist, gleichbedeutend mit -9-υσία (Phil. 4, 18 zur Bezeichnung der Liebesgabe
der Gemeinde, Eph. 5, 2 der Selbsthingabe Jesu in den Tod). Die Stellen
machen es für 2 Kor. 2, 14f. wahrscheinlich, daß auch hier die Opferanschau-
ung, wie ausgeführt, Bild und Gedanken bestimmt hat. — Das Bild vom Weih-
rauchduft findet sich im N. T. außerdem noch Apoc. Joh. 5, 8; 8, 3. 4. Hier
wird nach geläufiger spätjüdischer Anschauung der aufwallende Duft des
Rauchopfers als die zum Himmel aufsteigenden „Gebete der Heiligen“
gedeutet.
2 Das Bild vom Duft bei Paulus läßt sich als der gleichnishafte Aus-
druck einer Anschauung betrachten, die rein religiös, von Gott aus, die Ent-
wicklung des geistigen Lebens der Völker umfaßt — wenn man nur die Be-
wegung als solche, nicht den spezifischen Gehalt dieser Bewegung betrachtet.
Mit dem gleichen Bilde — und das mag den Charakter des paulinischen Gleich-
nisses uns verdeutlichen — ist eine vom Menschen her orientierte, rein inner-
weltliche Anschauung des geistigen Lebens in einem bekannten Worte Schopen-
hauers ausgesprochen: „Das intellektuelle Leben schwebt wie.ein sich
aus der Gärung entwickelnder wohlriechender Duft über dem weltlichen
Treiben, dem eigentlich realen, vom Willen geführten Leben der Völker.“
3 Vielleicht sind hier auch schon orientalische Vorstellungen wirksam;
vgl. unten S. 40 Anm. 2.
 
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