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Lenel, Otto; Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 1. Abhandlung): Zum sog. Gnomon des Idios logos — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37768#0013
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Zum sog. Gnomon des Idios Logos.

nach die άναγραφή auf den Auszug selbst. Allein abgesehen von
der Frage, ob αναγραφή so verstanden werden kann, eine Frage,
die eine besondere ausführliche Untersuchung verlangen würde;
der Inhalt des Auszugs ist seinerseits von so großer Dürftigkeit,
daß es fast lächerlich gewesen wäre, den Adressaten wegen alles
anderen, was in den Geschäftskreis des Idiologus fiel, auf sein
Gedächtnis zu verweisen und ihm gar noch besonders zu ver-
sichern, daß er so der Geschäfte leicht werde Herr werden. Wir
halten es daher für wahrscheinlicher, daß die άναγραφή auf eine
andere bereits veröffentlichte Dienstweisung zu beziehen ist, und
daß die μνήμη gerade den Auszug selbst bedeutet, der als Ge-
dächtnishilfe dienen soll. Μνήμη = memoria dient geradezu
technisch als Bezeichnung für die Registrierung in der Praxis
ergangener Entscheidungen. Es darf hier auf das kaiserliche Amt
a memoria verwiesen werden, dessen ursprüngliche Aufgabe eine der-
artige Registrierung war1 und dessen Vorstand bei IPerodian (4, 8, 4)
den Titel führt «τής βασιλείου μνήμης προεστώς».2 Mit welcher
Sorgfalt insbesondere in Ag)^pten in den amtlichen Büros für die
Aufzeichnung der Praxis gesorgt wurde, dafür gibt Lukians Schil-
derung seiner dortigen Arbeit (Apologie § 12) Zeugnis: . . . καί
τάς του άρχοντος γνώσεις προς το σαφέστατον άμα καί άκριβέστατον
σύν πίστει τή μεγίστη διαφυλάττειν καί παραδιδόναι δημοσία προς τον
άεί χρόνον άποκεισομένας. Auch das war eine Art Amt a memoria.
Unserem Auszug merkt man überall an, daß er nur als Ergäuzung
anderweiter Normen gedacht gewesen sein kann. Bedenkt man
den gewaltigen Umfang des Geschäftskreises des Idiologus3 *, be-
denkt man weiter, daß nicht nur die Verwaltung selbst, sondern
auch das Publikum von den inaßgebenden Grundsätzen unter-
richtet werden mußte, so erscheint die Vermutung nicht zu kühn,
daß unter der αναγραφή eine öffentlich ausgehängte Bekannt-
machung zu verstehen ist.
1 Vita Carini 8, 4: Iulius Calpurnius qui ad memoriam dictabat. Vgl.
über das Amt: Friedländer, Sittengeschichte8 1,193f.; Hirschfeld, Kais.
Verwaltungsbeamte2 334. Die γράμματα sind eben φάρμακα μνήμης, wie sie
Zacharias Rhetor in der Vita Severi nennt (vgl. die Rückübersetzung von
Ed. Schwartz bei Peters, Berichte über die Verh. d. Sachs. Ges. d. Wiss.
1913, S. 108).
2 Vgl. auch den άντιγραφεος τής μνήμης in den Excerpta legat. Rom.
e Petro Patricio c. 3 (Exc. hist, iussu imp. Const. Porphyr, conf., Berol.1903, T, 3).
3 Hierüber jetzt Plaumann in JSir. 17 der Abh. der PreuJß. Akad. der
Wissensch. 1918.
 
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