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Lewald, Hans [Hrsg.]; Universität Frankfurt am Main / Rechtswissenschaftliches Seminar [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 14. Abhandlung): Griechische Papyri aus dem Besitz des Rechtswissenschaftlichen Seminars der Universität Frankfurt — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37781#0006
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6

H. Lewai.d :

Gerade die für die Zeit, aus der unser Papyrus stammt, anzu-
nehmende Unmöglichkeit, den κλήρος zu verpfänden1, wird für die
Kontrahenten den Anlaß gebildet haben, den Kontraktstypus der
μίσθωσις ihren Zwecken dienstbar zu machen. Ähnlich liegt der
Sachverhalt in dem genannten Straßburger Text, wo es sich um
Vermietung des Anteils an einem σταθμός2 handelt, und in der
Freiburger Urkunde, wo ebenfalls ein κλήρος in Frage steht.
In einer anderen, sehr wichtigen Beziehung steht aber unser
Text im Gegensatz zu den eben genannten Papyri: während in
Lond. III, Nr. 1168 wie in Str. Nr. 2351 eine μίσθωσις αντί τόκων
stipuliert wird, erstrebt unsere μίσθωσις die Amortisation der Kapital-
schuld, so daß sie in dieser Hinsicht den denaturierten kaiserzeit-
lichen Pachtverträgen nahe steht, in denen der Verpächter einen
nicht bezifferten Pachtzins έκ προδόματος erhalten zu haben bekennt.
Jedoch auch mit diesen darf sie nicht völlig auf eine Stufe gestellt
werden. In den von Rabel, Sav. Z. Bd. 28, p. 317 f. besprochenen
Fällen (BGU II 526; 636; Flor 20, zu denen noch P. Neutest.
12 hinzugetreten ist)3, kann geradezu von einer datio in solutum
der Früchte gesprochen werden. In unserem Fall dagegen bekommt
der Gläubiger-Pächter das Nutzungsrecht zahlungshalber, nicht
an Zahlungs Statt. Die Schuld des Verpächters besteht, bis der
Gläubiger aus den Früchten in der vorgesehenen Weise Befriedigung
erlangt hat. Daß aber diese nach der Intention der Parteien das
einzige Haftungsobjekt bilden sollen, ergibt folgende Beobachtung:
bezüglich der Verpflichtung zur Rückzahlung des πρόδομα fehlt die
πράΗις-Klausel; nur bei Eintritt eines βασιλικόν κώλυμα, im Fall der
Einziehung des κλήρος4, hat der Pächter das Recht zur πράΗις κατά
το διάγραμμα.5 Wir können deshalb im Anschluß an BGU I 2606

1 Über die Entwicklung der Rechtsverhältnisse am κλήρος cf. Paul M. Meyer,
Jur. Pap. Nr. 56 und die dort zitierte Literatur. Neuestens Oertel, Pauly-Wissowa,
Art. Katoikoi, S. A., Sp. 14 ff. Zur Frage der \7erpfändung: Mitteis, Grundzüge,
p. 131, Anm. 8.
2 cf. P. Petr. III, Nr. 20, Col. II, 1. 10 ff. (p. 41) = Wilcken, Chrest. Nr. 450.
Sollte in 1. 13 nicht etwa bavejizeoöai zu lesen sein?
3 Auch Teb. II 310 gehört wohl hierher, worauf P. M. Meyer, Griec-h. 'Texte,
p. 67 n. 5 hinweist.
4 Über die Einwirkung der Einziehung des κλήρος auf laufende Pacht-
verträge cf. Wilcken, Chrest. zu Nr. 334. Das έκφόριον ist dann εις τό βασιλικόν
zu zahlen, wie sich auch aus P. Lille II 14, 1. 6, 7 ergibt.
5 Plierzu neuestens Jörs, Sav. Z. Bd. 40, p. 14 f.
6 cf. Partsch, Archiv f. P. F., Bd. V, p. 512.
 
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