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Lewald, Hans [Hrsg.]; Universität Frankfurt am Main / Rechtswissenschaftliches Seminar [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 14. Abhandlung): Griechische Papyri aus dem Besitz des Rechtswissenschaftlichen Seminars der Universität Frankfurt — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37781#0005
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Griechische Papyri.

δ

Weizen in Abzug gebracht wird. Dabei wird der Tennenpreis des
Weizens zugrunde gelegt (ως αν πωλήται έπι τής αλω 1. 36). Er-
langt der Pächter im Wege einmaliger Verrechnung keine volle
Befriedigung für das πρόδομα oder eine andere etwa hinzutretende
Geld- oder Getreideschuld des Verpächters, so ist er berechtigt, die
Pacht unter den gleichen Bedingungen fortzusetzen, bis er für seine
Forderung resp. Forderungen befriedigt ist. Die Schuld des Ver-
pächters ist dann auch weiterhin in der geschilderten Weise auf
den Pachtzins in Anrechnung zu bringen. Mit anderen Worten:
die Pacht dient im vorliegenden Fall der Amortisation der Schuld
des Verpächters, wobei der Pachtzins den Maximalbetrag darstellt,
bis zu dem der jährliche Fruchtertrag zur Amortisation verwendet
werden soll. Die μίσθωσις steht hier im Dienst der Tilgung der
Schuld des Verpächters, sie bezweckt Gläubigerbefriedigung durch
Nutzung.
III. Die μίσθωσις als Amortisationsantichrese.
Unser Vertrag ist sonach in den Zusammenhang der zuletzt
ausführlich von Manigk1 besprochenen Antichrese-Papyri einzustellen.
Indem er dem Kontraktstypus nach als μίσθωσις abgefaßt ist, er-
scheint er als Parallele zu den vielbesprochenen2 P. Lond. III,
Nr. 1168 (p. 134) v. J. 44 a. Ghr. sowie 2 noch unedierten pto-
lemäischen Urkunden, dem P. Str. Inv. Nr. 2351 aus dem 4. Jahr
des Euergetes I. (244/3) und einem Freiburger Text v. J. 174/3.3
In all diesen Fällen bedienen sich die Parteien der Vertragskategorie
der μίσθωσις, um eine Antichrese zu begründen, während be-
kanntermaßen in anderen den gleichen Zweck verfolgenden Ver-
trägen die antichretische Vereinbarung in den Rahmen eines Dar-
lehnskontrakts eingefügt ist (cf. z. B. BGU IV 1115; Hamb. 30;
Ryl. II 335 und neuestens Oxy. XIV 1641).
Das Nutzungsrecht des Gläubiger-Pächters in unserer Urkunde
ist selbständig, d. h. es tritt nicht zu einem Substanzpfand hinzu.4
1 Gläubigerbefriedigung durch Nutzung, Berlin 1910.
2 cf. die Literaturangaben· bei Schwarz, Hypothek und Hypallagma, p. 140,
Anm. 1, und «Öffentliche und private Urkunde», p. 77, Anm. 2; ferner Kreller.
Erbrechtl. Untersuchungen, p. 72.
3 Ich verdanke die Kenntnis dieser Texte Preisigke und Partsch.
4 Außerordentlich interessante Parallelen zu dieser Erscheinung der Ver-
wendung der Pacht zu antichretischen Zwecken bietet das ältere englische Recht;
cf. Hazeltine, Geschichte des englischen Pfandrechts, Breslau 1907, insbes.
p. 202 ff. 237. Holdworth, History of English Law, Bd. III, p. UOf.
 
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