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Alfred von domaszewski:
diesen Zeugnissen trieb, tritt seine Unkenntnis nicht nur des Prin-
cipates hervor, sondern in noch höherem Maße des Diocletianischen
Dominats. Dadurch ist es möglich, dieses eigentümliche Flickwerk,
das dem Stile nach völlig dem Dichten der Gallier des fünften
Jahrhunderts gleicht, ohne Schwierigkeit in seine Bestandteile auf-
zulösen. Da diese Art Entlehnung auch für die sprachliche Form
gilt, so ist der Nachweis Wort für Wort zu führen. Eine ungeheure
Aufgabe, die nur durch eine große Zahl von Einzeluntersuchungen
wirklich zum Abschluß gelangen kann.
Außer durch die Benützung ganz unhistorischer Quellen, die
er aber für reine geschichtliche Überlieferung hielt, ist der Fälscher
zu seinen Erfindungen gedrängt worden durch die schweren Be-
schädigungen, die seine Handschrift aufwies. Er sagt nicht ohne
Grund 28, 1, 3 Probum principem — scriptorum inopia iam paene
nescimus. Denn er besaß für diesen Kaiser kaum mehr als eine
Inhaltsangabe und einen Teil des Schlusses der echten Überlieferung.1
Zur Ergänzung solcher Lücken ersann er seine Erfindungen. Aber
nicht immer steht ihm diese Entschuldigung zur Seite. Einmal vom
Fieber des Fälschens erfaßt, verwüstet er auch wohlerhaltene Teile
der Überlieferung. Und doch müssen wir ihm für sein Pasticcio
dankbar sein, wie den Bildhauern früherer Jahrhunderte, die antike
Statuen ergänzten, weil er so wieder ein Ganzes schuf, das dem
Gesclimacke seiner Zeit entsprach und das verstümmelte Buch vor
dem Untergang rettete. Ohne sein Treiben wäre die Geschichte
des dritten Jahrhunderts, von der Zeit ab, wo Herodian endet, ein
-hoffnungsloser Trümmerhaufen. Die wichtigste aller Regierungen
dieser Zeit, die des Gallienus, ist im Zusammenhänge nur aus der
Übersetzung des Dexippus, die er gerettet hat, zu begreifen.2 Und
nicht viel besser stünde es um die Geschichte des zweiten Jahr-
hunderts.
Beamte.
Am wildesten treibt der Fälscher bekanntlich sein Spiel und
verrät dadurch sein wahres Wesen in den Viten jener Tyranni,
für die er die Namen selbst der Usurpatoren erfunden hat. So in
1 Um es kurz zu sagen, die Reihenfolge der Ereignisse und ihr Schau-
platz ist richtig, die Einzelheiten' erfunden. Vgl. Heidelb. Sitzungsber. 1918^ 6, 2(λ
2 In meiner Geschichte der römischen Kaiser habe ich für das dritte Jahr-
hundert nur die Grundlinien ziehen können. Aber sie bestehen bei der Nach-
prüfung jede Probe.
Alfred von domaszewski:
diesen Zeugnissen trieb, tritt seine Unkenntnis nicht nur des Prin-
cipates hervor, sondern in noch höherem Maße des Diocletianischen
Dominats. Dadurch ist es möglich, dieses eigentümliche Flickwerk,
das dem Stile nach völlig dem Dichten der Gallier des fünften
Jahrhunderts gleicht, ohne Schwierigkeit in seine Bestandteile auf-
zulösen. Da diese Art Entlehnung auch für die sprachliche Form
gilt, so ist der Nachweis Wort für Wort zu führen. Eine ungeheure
Aufgabe, die nur durch eine große Zahl von Einzeluntersuchungen
wirklich zum Abschluß gelangen kann.
Außer durch die Benützung ganz unhistorischer Quellen, die
er aber für reine geschichtliche Überlieferung hielt, ist der Fälscher
zu seinen Erfindungen gedrängt worden durch die schweren Be-
schädigungen, die seine Handschrift aufwies. Er sagt nicht ohne
Grund 28, 1, 3 Probum principem — scriptorum inopia iam paene
nescimus. Denn er besaß für diesen Kaiser kaum mehr als eine
Inhaltsangabe und einen Teil des Schlusses der echten Überlieferung.1
Zur Ergänzung solcher Lücken ersann er seine Erfindungen. Aber
nicht immer steht ihm diese Entschuldigung zur Seite. Einmal vom
Fieber des Fälschens erfaßt, verwüstet er auch wohlerhaltene Teile
der Überlieferung. Und doch müssen wir ihm für sein Pasticcio
dankbar sein, wie den Bildhauern früherer Jahrhunderte, die antike
Statuen ergänzten, weil er so wieder ein Ganzes schuf, das dem
Gesclimacke seiner Zeit entsprach und das verstümmelte Buch vor
dem Untergang rettete. Ohne sein Treiben wäre die Geschichte
des dritten Jahrhunderts, von der Zeit ab, wo Herodian endet, ein
-hoffnungsloser Trümmerhaufen. Die wichtigste aller Regierungen
dieser Zeit, die des Gallienus, ist im Zusammenhänge nur aus der
Übersetzung des Dexippus, die er gerettet hat, zu begreifen.2 Und
nicht viel besser stünde es um die Geschichte des zweiten Jahr-
hunderts.
Beamte.
Am wildesten treibt der Fälscher bekanntlich sein Spiel und
verrät dadurch sein wahres Wesen in den Viten jener Tyranni,
für die er die Namen selbst der Usurpatoren erfunden hat. So in
1 Um es kurz zu sagen, die Reihenfolge der Ereignisse und ihr Schau-
platz ist richtig, die Einzelheiten' erfunden. Vgl. Heidelb. Sitzungsber. 1918^ 6, 2(λ
2 In meiner Geschichte der römischen Kaiser habe ich für das dritte Jahr-
hundert nur die Grundlinien ziehen können. Aber sie bestehen bei der Nach-
prüfung jede Probe.