Zu Luthers Vorlesungstätigkeit.
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dann Freitag haben vermutet, daß in den Dispositionen, die der
erstere W. A. XXXI, 481 ff., namentlich 484ff., 510ff., 565ff. her-
ausgegeben hat, Präparationen zu dieser Vorlesung zu erkennen
seien (a. a. 0. S. 564, vgl. XL, 2, 188). Jedenfalls besitzen wir
von der Galatervorlesung, die unmittelbar vorher fällt, derartige
Präparationen, die freilich auch nur bis 5, 9 reichen, W. A. XL,
1, 15ff., wie auch einen kleinen Anfang zu einer solchen vom
Hohen Lied W. A. XXX, 2, XV. Die Galaterbrief-Präparationen
sind zum Teil wörtlich in der Vorlesung benutzt, aber verraten doch
eine eigenartige Form der Vorbereitung. Es ist weit mehr ein
Nachdenken, Auseinanderfalten, geistiges Durchdringen einzelner
Stellen und Gedanken, längst nicht des Ganzen, gewiß Vorarbeiten,
aber durchaus keine Dispositionen, die er dann in der Vorlesung
nur hätte auszuführen brauchen: als annotatiunculae in ep. ad
Gal. bezeichnet sie das Inhaltsverzeichnis der Handschrift Bos.
0 1710.
Die Vorlesung in der Rörerschen unmittelbaren Nachschrift,
uns vorliegend wie alle vorhergehenden Vorlesungen vom Prediger,
also 1526, an, mit Ausnahme des Jesaias, zeigt, daß Luther die
Technik der Anfangsjahre schon hier vollständig verlassen hat:
er gibt den Studenten den Text nicht mehr in die Hand, läßt sie
nicht mehr Zeilen- und Randglossen machen, unterliegt also auch
nicht mehr der Nötigung, die ausführlichere Erklärung an andere
Stelle zu verweisen, d. h. Glosse und Scholien zu trennen; er
diktiert nicht mehr, sondern spricht frei in zusammenhängendem
Fluß so viel und so schnell, wie auch wir heute in einer Stunde
fertig bringen, ohne Überhastung und erfüllt von dem Wunsche,
daß die Hörer folgen und auch mit der Feder das Wesentliche
festhalten können1. Niemand, der die Rörerschen Hefte durch-
gesehen hat, wird einen anderen Eindruck gewinnen und sich da-
durch beirren lassen, wenn die Ausgaben wohl den Ausdruck
1 Auch Koffmane geht in bezug auf die Vorlesungen von 1527 jeden-
falls von derselben Ansicht aus, wenn er W. A. XX, 593 sagt: ,,Da wir noch
eine zweite Nachschrift haben, so körnten wir beobachten, was jeder Erfah-
rene ohnehin weiß, wie verschieden zwei Hörer auffassen und nachschreiben“,
und ib. S. 2 in bezug auf die Koheleth-Vorlesung von 1526: „Durch diese
Kurrentschrift ist es Rörer gelungen in der Menge des Aufgezeichneten
Stephan Roth zu übertreffen: und wo Luther seine Gedanken weiter aus-
spinnt, sucht er vor allem den Kern dieses Gedankens festzuhalten.“
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dann Freitag haben vermutet, daß in den Dispositionen, die der
erstere W. A. XXXI, 481 ff., namentlich 484ff., 510ff., 565ff. her-
ausgegeben hat, Präparationen zu dieser Vorlesung zu erkennen
seien (a. a. 0. S. 564, vgl. XL, 2, 188). Jedenfalls besitzen wir
von der Galatervorlesung, die unmittelbar vorher fällt, derartige
Präparationen, die freilich auch nur bis 5, 9 reichen, W. A. XL,
1, 15ff., wie auch einen kleinen Anfang zu einer solchen vom
Hohen Lied W. A. XXX, 2, XV. Die Galaterbrief-Präparationen
sind zum Teil wörtlich in der Vorlesung benutzt, aber verraten doch
eine eigenartige Form der Vorbereitung. Es ist weit mehr ein
Nachdenken, Auseinanderfalten, geistiges Durchdringen einzelner
Stellen und Gedanken, längst nicht des Ganzen, gewiß Vorarbeiten,
aber durchaus keine Dispositionen, die er dann in der Vorlesung
nur hätte auszuführen brauchen: als annotatiunculae in ep. ad
Gal. bezeichnet sie das Inhaltsverzeichnis der Handschrift Bos.
0 1710.
Die Vorlesung in der Rörerschen unmittelbaren Nachschrift,
uns vorliegend wie alle vorhergehenden Vorlesungen vom Prediger,
also 1526, an, mit Ausnahme des Jesaias, zeigt, daß Luther die
Technik der Anfangsjahre schon hier vollständig verlassen hat:
er gibt den Studenten den Text nicht mehr in die Hand, läßt sie
nicht mehr Zeilen- und Randglossen machen, unterliegt also auch
nicht mehr der Nötigung, die ausführlichere Erklärung an andere
Stelle zu verweisen, d. h. Glosse und Scholien zu trennen; er
diktiert nicht mehr, sondern spricht frei in zusammenhängendem
Fluß so viel und so schnell, wie auch wir heute in einer Stunde
fertig bringen, ohne Überhastung und erfüllt von dem Wunsche,
daß die Hörer folgen und auch mit der Feder das Wesentliche
festhalten können1. Niemand, der die Rörerschen Hefte durch-
gesehen hat, wird einen anderen Eindruck gewinnen und sich da-
durch beirren lassen, wenn die Ausgaben wohl den Ausdruck
1 Auch Koffmane geht in bezug auf die Vorlesungen von 1527 jeden-
falls von derselben Ansicht aus, wenn er W. A. XX, 593 sagt: ,,Da wir noch
eine zweite Nachschrift haben, so körnten wir beobachten, was jeder Erfah-
rene ohnehin weiß, wie verschieden zwei Hörer auffassen und nachschreiben“,
und ib. S. 2 in bezug auf die Koheleth-Vorlesung von 1526: „Durch diese
Kurrentschrift ist es Rörer gelungen in der Menge des Aufgezeichneten
Stephan Roth zu übertreffen: und wo Luther seine Gedanken weiter aus-
spinnt, sucht er vor allem den Kern dieses Gedankens festzuhalten.“