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Schubert, Hans; Meissinger, Karl August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 9. Abhandlung): Zu Luthers Vorlesungstätigkeit — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37776#0027
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Zu Luthers Vorlesungstätigkeit.

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(a. a. 0. S. 406f. vgl. S. XV). Auch die Hs. der ersten Galaterbrief-
vorlesung hat eine Dublette: das Scholion zu 1, 10 an quaero (S. 35)
ist zweimal geschrieben, beidemal von derselben Hand, aber das eine
Mal aus einem fremden Heft offenbar nachgetragen. Während
aber hier die beiden Relationen nur in unwesentlichen Formalien
ab weichen, zum Teil infolge von Hörfehlern, eben weil es
sich um ein Diktat handelt, sind die beiden Relationen von
Habakuk 2 in hohem Grade verschieden, und zwar stellt sich die
von Roths eigener Hand sofort durch Ausführlichkeit und Lebendig-
keit als die bei weitem bessere Wiedergabe dar1. Wie ungewohnt
beim Anfang dieser Vorlesung die Methode war, kann man noch
daraus ersehen, daß beim Joel Roth eine Strecke weit, Kap. 2, ver-
suchte, sich selbst ein Heft nach alter Weise zusammenzustellen, in
dem er sich den lateinischen Text mit weitem Zeilenspatium hinein-
schrieb, die kurzen Erklärungen Luthers darüber und die längeren
an die Seite setzte, eine Methode, die er bald fallen ließ (a. a. 0.
S. XIV). Luther ließ also die Texte für die Hörer bei Grunenberg
nicht mehr drucken, doch hat er bei dem Propheten Idaggai ihnen
eine chronologische Tabelle, eine gedruckte schedula, verteilt, als
Hilfsmittel für den Unterricht (S. XXXI f.).
Die Frage bleibt nur, ob er schon vor 1521, vor dem großen
Riß die alte Weise aufgegeben habe, also, da nach einer Mitteilung
Johannes Fickers auch der Hebräerbrief nach der alten Weise
vorgetragen wurde (vgl. auch Meissinger S. 19), bei der zweiten
Psalmenvorlesung von 1519(8) —1521. Wir haben von ihr aller-
dings keine Handschrift, und auch die Weimarer Ausgabe war
an die Drucke gewiesen, aber eben diese gingen, ein einzigartiger
Fall, sofort stück-, ja bogenweise, an die Zuhörer, die den Druck
so heiß begehrten und an die sich Melanchthons Vorrede wendet,
1 Koffmane nennt diese Dublette die „Urschrift“ und nimmt sie in
den Text auf, während er die Rothsche Version in die Note verweist, aus mir
unverständlichen Gründen. Wie die Dublette auf die beiden Seiten gekommen
ist, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht hat Koffmane recht, wenn er meint,
die beiden Seiten wären zunächst versehentlich freigeblieben, weil die beiden
Blätter aneinander klebten, und dann habe sich Roth von einem Mithörer
(keinesfalls Rörer) seine Nachschrift eintragen lassen. Sehr auffallend ist der
Mangel an Korrekturen in diesen Rothschen Handschriften, und auch einige
andere Erscheinungen weiß ich mir bei unmittelbaren Nachschriften, freilich
auch sonst nicht zu erklären. Diese Fragen sind nicht zu erledigen ohne
genaueste Spezialuntersuchurg. Roth, der auch eine Art Stenographie aus-
gebildet, war Berufskorrektor, vgl. Buchwald, Arch. f. Gesch. d. deut.
Buchhandels XII. (1893) 200 u. C. Weidemann, Zeitsch. f. deutsche Philol.
(1920), S. 235ff.
 
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