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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0024
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Gerhard Ritter:

Urbans) dem Papste bewaffnete Hilfe geschickt zu seinem Schutze1,
und man sagt, daß er in 8 Tagen nach Rom zurückkehren wird.
Ob es wahr wird ? Auch die Kardinale zu Anagni haben sich mit
Söldnerhaufen umgeben, meist Bretonen, man weiß nicht recht
wozu, angeblich nur zu ihrem Schutze; beim Durchzug durch Rom
hat dieses wüste Volk eine Menge Römer ums Leben gebracht (hier
berichtet der Gesandte historische Tatsachen), und ein furchtbarer
Haß der Römer gegen die Fremden, insbesondere die Franzosen,
ist die Folge; schon hat dieser Haß zahlreiche blutige Opfer gefor-
dert. Kein Wunder, daß dem deutschen Professor übel zu Mute
ist in dieser Umgebung! Könnte er nur bald wieder heim zu den
Kollegen! Zum Dank gegen Gott würde er zwei Jahre lang kein
Fleisch essen. Unerträglich sind die Kosten, überaus ernst die
Gefahren dieser Reise. Und in der Tat muß das Reisen in Italien
damals keine Freude gewesen sein: klagte doch noch nach Jahren
der einzige Nuntius der Universität, von dem wir wissen, daß er
außer Marsilius bis zur Kurie vor drang, Wilhelm von Oesterzeele,
über „große Mühe, viel Schaden und Widerwärtigkeit ohne Ende“2.
W as tun in dieser Lage ? Marsilius wagt und vermag nicht,
eine eigene Entscheidung zu treffen. Er bittet dringend um recht
baldige Instruktion, zugleich um Ergänzung seiner nicht aus-
reichenden Prozeßakten. Hier ist er von aller Welt abgeschnitten:
der Advokat der Universität steckt in Anagni, der Prokurator auf
dem Wege nach Avignon. Von dem Rotulus ist auch nichts zu
hören; nur Wilhelm von Oesterzeele (der vermutlich im Auftrag
der Mediziner reiste) war in Rom, ist aber auch nach Anagni mit
den dissentierenden Kardinälen gezogen; die anderen Nuntien soll
man in Avignon gesehen haben. Von einer „eindringlichen Mah-
nung des Marsilius, an dem erwählten Papste festzuhalten“, kann
keine Rede sein3; er ist selbst noch unsicher; in aufgeregtem
Durcheinander der Erzählung schreibt er; aber freilich läßt sich
wohl erkennen, auf welcher Seite seine Sympathien stehen. In
allem Unglück, das er ringsum sich verbreiten sieht, weiß er doch
ein Erfreuliches zu berichten: gestern hat der Papst feierlich die
Wahl des jungen deutschen Königs approbiert und ihn zum künf-
tigen Kaiser bestimmt, ohne daß der Kaiser hierfür Gesandte
1 Erst Ende August fiel sie von Urban ab, vgl. Valois I, 77.
2 Chart. III, 1612.
3 Gegen Thorbecke, p. 9, der den Abdruck von Boulaeus, IV. 466
benutzte.
 
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