Bismarcks groß deutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.
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Gelegenheit des Erlasses vom Grafen Caprivi willkürlich extrahiert
worden, und zwar wohl, um den Kaiser zu binden, während der erste
als Motivierung formell am Platze ist. Es bleibt denn auch nicht
aus, daß Prinz Reuß diesen zweiten Satz zweimal ridikulisiert,
indem er berichtet, erstens, Kälnoky habe für selbstverständlich
erklärt (Nr.62), zweitens, jedermann wisse (Nr. 6J0; vgl. Nr.366 aus offi-
ziösen Blättern), daß der Fürst niemals wieder Einfluß auf die Ge-
schäftegewinnenkönne. -Wenn beide Sätze nicht zu einem Ab-
satz vereint sind, wird meine Vermutung leichter flüssig. — 'ad 3.
Von größerer Bedeutung ist die Stellung des Satzes betreffend das
Botschaftspersonal. Daß er dahin gehört, wo ihn die Umstellung
bringt, ist klar, und wenn er im Urtext am Schluß steht, so läßt
sich schließen, daß er später hinzugefügt ist. Das ist aber wichtig,
denn er enthält eine verhängnisvolle Verschärfung der Instruktion:
der Botschafter vertritt die Person des Monarchen, und ist daher
auch außeramtlich gebunden; er ist höchstens wenn beurlaubt
Privatperson (deswegen sagt Nr. 57 auch Graf Schuwalow, er habe
drei Monate Urlaub, er betrachte sich in Tegernsee als Privat-
mann); aber auf dem „Personal“ haftet dieser character perpe-
tuus keineswegs. Mehr darüber unten S. 26*.
2. Korrespondenz über die Beteiligung an der
H ochzeit.
Durch die Correspondenz gewinnt man Einblick in die For-
men des Verkehrs zwischen dem Botschafter und dem Kanzler
und in die Stellungnahme des Grafen Kälnoky. Der Botschafter
macht seine Mitteilung an Graf Kälnoky, aber er tut was er
kann, um eine Revision der Allerhöchsten Absicht zu veranlassen.
Der Botschafter weist auf die mißlichen Folgen hin: den
Streit nach Österreich zu spielen, und dort 'Bismarck in Ungnade’
zu manifestieren. Graf Caprivi leugnet Streit und Ungnade und be-
streitet Beeinflussungsversuch. Die Antworten auf den Erlaß und
die weitere Korrespondenz zeigen allerdings ein eigentümliches Zu-
sammengehen der beiden gewiegten Diplomaten, die dem durch das
Kaiserliche chassez-croisez1 zum Kanzler gemachten „besten Gene-
ral“ gern denWeg zu einer anderweiten Lösung zeigen möchten. Nr.6.
Aber in diesem allseits verdecktenSpiel ist an eine solche nicht zu den-
ken. Hat dochFrhr.v.Marschall schon am 9.6. denKanzler zu derWei-
1 Worte Bismarcks.
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Gelegenheit des Erlasses vom Grafen Caprivi willkürlich extrahiert
worden, und zwar wohl, um den Kaiser zu binden, während der erste
als Motivierung formell am Platze ist. Es bleibt denn auch nicht
aus, daß Prinz Reuß diesen zweiten Satz zweimal ridikulisiert,
indem er berichtet, erstens, Kälnoky habe für selbstverständlich
erklärt (Nr.62), zweitens, jedermann wisse (Nr. 6J0; vgl. Nr.366 aus offi-
ziösen Blättern), daß der Fürst niemals wieder Einfluß auf die Ge-
schäftegewinnenkönne. -Wenn beide Sätze nicht zu einem Ab-
satz vereint sind, wird meine Vermutung leichter flüssig. — 'ad 3.
Von größerer Bedeutung ist die Stellung des Satzes betreffend das
Botschaftspersonal. Daß er dahin gehört, wo ihn die Umstellung
bringt, ist klar, und wenn er im Urtext am Schluß steht, so läßt
sich schließen, daß er später hinzugefügt ist. Das ist aber wichtig,
denn er enthält eine verhängnisvolle Verschärfung der Instruktion:
der Botschafter vertritt die Person des Monarchen, und ist daher
auch außeramtlich gebunden; er ist höchstens wenn beurlaubt
Privatperson (deswegen sagt Nr. 57 auch Graf Schuwalow, er habe
drei Monate Urlaub, er betrachte sich in Tegernsee als Privat-
mann); aber auf dem „Personal“ haftet dieser character perpe-
tuus keineswegs. Mehr darüber unten S. 26*.
2. Korrespondenz über die Beteiligung an der
H ochzeit.
Durch die Correspondenz gewinnt man Einblick in die For-
men des Verkehrs zwischen dem Botschafter und dem Kanzler
und in die Stellungnahme des Grafen Kälnoky. Der Botschafter
macht seine Mitteilung an Graf Kälnoky, aber er tut was er
kann, um eine Revision der Allerhöchsten Absicht zu veranlassen.
Der Botschafter weist auf die mißlichen Folgen hin: den
Streit nach Österreich zu spielen, und dort 'Bismarck in Ungnade’
zu manifestieren. Graf Caprivi leugnet Streit und Ungnade und be-
streitet Beeinflussungsversuch. Die Antworten auf den Erlaß und
die weitere Korrespondenz zeigen allerdings ein eigentümliches Zu-
sammengehen der beiden gewiegten Diplomaten, die dem durch das
Kaiserliche chassez-croisez1 zum Kanzler gemachten „besten Gene-
ral“ gern denWeg zu einer anderweiten Lösung zeigen möchten. Nr.6.
Aber in diesem allseits verdecktenSpiel ist an eine solche nicht zu den-
ken. Hat dochFrhr.v.Marschall schon am 9.6. denKanzler zu derWei-
1 Worte Bismarcks.