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Sillib, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 1. Abhandlung): Auf den Spuren Johannes Hadlaubs — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38034#0017
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Auf den Spuren Johannes Hadlaubs.

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raten, vermochte dieser Einfluß nicht allzu nachhaltig zu werden;
dagegen sind in seinen Tageliedern tatsächlich Anklänge an pro-
venzalische Weisen festzustellen9. Auch ein von anderer Seite her-
kommender Einfluß, der Hadlaubs Abhängigkeit in seinen paro-
dischen Minneliedern und Herbstliedern von dem Aargau er Minne-
sänger Steinmar zeigt, ist längst erkannt. Einen naheliegenden
biographischen Schluß daraus zu ziehen, hat man unterlassen.
Schon von der Hagen hatte festgestellt, daß Steinmar nahe Be-
ziehungen zu den Grafen von Habsburg gepflogen und im Gefolge
König Rudolfs von Habsburg an dessen Heerfahrt gegen Ottokar
von Böhmen 1276—1278 teilgenommen hat und bis nach Wien
gekommen ist. Hier hat er vermutlich im Frühling 1278 sein Früh-
lingslied (Pfaff, Sp. 996 Vers 44) gedichtet10. Wir werden kaum
fehlgehen, wenn wir auf Grund der Beziehungen Hadlaubs zu
Steinmar annehmen, daß auch Hadlaubs bekannte Klage über die
breiten Hüte der österreichischen Frauen (Pfaff, Sp. 1223, Vers 1)
damals auf dem gleichen Feldzug in Wien entstanden ist. Auf
diese Weise erklärt sich Hadlaubs Aufenthalt in Österreich, völlig
ungezwungen und um so erklärlicher, wenn wir uns der lebhaften
Parteinahme Konrads von Mure für König Rudolf erinnern. Was
ist natürlicher, als daß der für König Rudolf begeisterte Großoheim
seinen jugendlichen Großneffen zwar nicht als Kriegsmann, wohl
aber als angehendes Schreiberlein zumal unter der Obhut ritter-
licher Gesellschaft wie Berthold Steinmars am Zug Rudolfs gegen
Ottokar teilnehmen ließ11!
Es bleibt übrig noch der mitgeteilten, unvermittelt und flüch-
tig in kindlich spielerischer Weise nebeneinander geschriebener
Namen „Hainrich burcart cunrat“ zu gedenken. Hainrich, hier
also nicht nach der von Vogt12 für Zürich als charakteristisch nach-
gewiesenen Schreibweise mit ei geschrieben, dürfte entweder der
allerdings schon 1271 gestorbene Propst Heinrich Maneß oder
wahrscheinlicher Heinrich von Klingenberg, der spätere Konstan-
zer Bischof sein, cunrat natürlich Konrad von Mure; wer mit
burcart gemeint ist, ist nicht ohne weiteres ersichtlich; an Burkart
von Hohenfels, den Minnesänger aus dem Hegau ist wohl kaum
zu denken. Zum Schlüsse die lateinischen Stilproben betrachtend
können wir deutlich ihre Abhängigkeit von den überlieferten Brief-
steller- und Formelbüchern der Zeit erweisen; sie bewegen sich
durchaus in den Formen der Rhetorik, wie sie Konrad von Mure
selbst gelehrt und in seiner 1275 begonnenen summa de arte pro-
sandi niedergelegt hat13.
 
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