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Boll, Franz; Bezold, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 1. Abhandlung): Carl Bezold: Nachruf, im Namen der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, gesprochen bei der Beisetzung am 23.11.22 — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38042#0016
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Franz Boll:

ernst genommen und den Jüngeren mit allem Nachdruck die Not-
wendigkeit, sich nicht auf eine einzelne Sprache einzuengen, als
ein vielleicht nicht immer bequemer Mahner eingeschärft.
Seine literarische Arbeit galt vor allem vier Sprachen und
Literaturen: dem Syrischen, dem Äthiopischen, gelegentlich auch
dem Arabischen, und vor allem dem Babylonisch-Assyrischen.
Dem Syrischen entnahm er das Thema der nächsten Arbeit
nach seiner Habilitation, die Herausgabe und Übersetzung der
syrischen Schatzhöhle, einer seltsamen apokryphen Schrift, die er
dann in Übungen mit seinen Studenten mit Vorliebe behandelt
hat. Es war ihm eine besondere Freude, als einem seiner letzten
Schüler, Alb recht Götze, aus diesen Seminarübungen eine ein-
dringende Analyse und Quellenscheidung jener Schrift erwuchs,
die Bezold dann der Akademie vorgelegt hat und die vor kurzem,
seinem Gedächtnis gewidmet, in den Sitzungsberichten erscheinen
konnte.
Im Äthiopischen war er eine der wenigen deutschen Autori-
täten, die dieser Sprache völlig mächtig waren. Er hat mehr als
einen Text darin herausgegeben und Dillmanns äthiopische Gram-
matik neu bearbeitet; und seine Freunde wie Enno Littmann
wußten, welche Freude sie ihm bereiteten, wenn sie ihm etwa von
einer Beise nach Abessinien Handschriften in dieser Sprache mit-
brachten, für deren Herausgabe er dann freudig besorgt war, in
eigener Person oder durch einen Schüler. Seine umfangreichste
Arbeit ist hier die Ausgabe des Kebra Nagast (Die Herrlichkeit der
Könige, in den Abhandlungen der Münchener Akademie, 1905).
Im Arabischen hat er weniger selbst produziert, aber seine
Vorlesungen hatten, wie mir seine Schüler sagten, den besonderen
Vorzug, daß er tief in der arabischen Nationalgrammatik zu Hause
war; und die Lesung der alten arabischen Dichter war seine stete Er-
holung in denFerien wie nach der Tagesarbeit im Semester. Noch in
seinen letzten Tagen hat er einen von ihnen in einer Stunde anschei-
nender Besserung auf sein letztes Ruhelager sich erbeten. Und wie
bereit er stets war, einen Text in dieser Sprache zu bearbeiten, habe
ich selbst erfahren, als er mir für ein bedeutsames mittelgriechisches
Stück Literatur, den Dialog Hermippos, die arabischeVorlage, auf die
ich in der lateinischen Übersetzung gestoßen war, zur Herausgabe
in unseren Sitzungsberichten (1912) im Original bearbeitete.
Mit dem Babylonisch-Assyrischen aber begann er seine wissen-
schaftliche Laufbahn, und mit ihm hat er sie auch beschlossen.
 
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