Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten. V. 33
Jedenfalls reicht das vorhandene Sprachmaterial nicht aus, den
völligen Untergang des Dativs zu erweisen. In keinem der alt-
persischen Sätze, in denen der Genitiv anstelle des Dativs steht —
oder zu stehen scheint, denn einige Male läßt sich der Genitiv
mit der arischen Syntax gar wohl in Einklang bringen1) —, liegt
ein anderer Gebrauch des vorausgesetzten Dativs vor, als der von
Brugmann KurzeVglGr. 431 ff. unter § 553 ('Dativ in engerem An-
schluß an ein Verbum5) und § 554. 3 ('Dativ des Agens beim
Passiv’) geschilderte. Ein Genitiv im Sinn des Dativus commodi
oder finalis kommt nicht vor. — Im übrigen sei auf § 6 und 7
verwiesen, wo gezeigt wurde, daß in den jüngeren iranischen
Sprachen keineswegs allein der Genitiv, daß vielmehr auch noch
andere Kasus — Instrumental, Akkusativ — als Cas. obl. gebraucht
worden sind; s. ferner § 10 a.
12. Ich habe in § 9 f. geltend gemacht, daß aus den Singular-
kasus der a-Deklination doch auch der Lokativ auf *-aiä als Vor-
form des Cas. obl. auf -e in Betracht kommt, und daß von seiten
der Lautlehre gegen diese Ableitung keinerlei Bedenken erhoben
werden können. Muß denn aber das -e durchaus und in jedem
Fall der a-Deklination entstammen? Im Persischen und Parthischen
fielen, nach der Wirkung des in § 5. 3 erwähnten Auslautsgesetzes,
die a-, a-, i- und «-Stämme im Nom. Sing. — und auch noch in
einer Anzahl anderer Kasus — völlig zusammen; damit war der
Vermengung aller übrigen Kasus der genannten Stammklassen
Tür und Tor geöffnet. Besonders eng mußten sich die Beziehungen
der a-Stämme zu den «-Stämmen gestalten, da bei diesen beiden
Klassen der Nom. Plur. und der Gen. Plur. schon von alters, d. i.
von arischer Zeit her den gleichen Ausgang hatten, und weil
vielfach — nicht nur im Adjektivum, s. § 15 — sonst ganz gleich
gebaute Stämme auf a- und a- nebeneinander standen. — Welche
Kasusausgänge kommen nun aus den genannten Deklinationen
für das -e des Cas. obl. sing, in Betracht? Von der «-Deklination
keiner. Von der i-Deklination könnte der Dativ auf ar. *-aiai, aus
der «-Deklination der Instrumental auf *-aiä als Quelle des e-Kasus
gelten. Es liegt nahe, für die Herkunft des -e an die letztere
Quelle zu denken; wird doch der Cas. obl. insbesondere dazu ver-
J) So zB. Bh. 3. 2 (9 f.) dahyäus manä abavah, s. Bthl. AirWb. 929 o. und
Delbrück AiS. 161 f.
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Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1923. 3. Abh.
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Jedenfalls reicht das vorhandene Sprachmaterial nicht aus, den
völligen Untergang des Dativs zu erweisen. In keinem der alt-
persischen Sätze, in denen der Genitiv anstelle des Dativs steht —
oder zu stehen scheint, denn einige Male läßt sich der Genitiv
mit der arischen Syntax gar wohl in Einklang bringen1) —, liegt
ein anderer Gebrauch des vorausgesetzten Dativs vor, als der von
Brugmann KurzeVglGr. 431 ff. unter § 553 ('Dativ in engerem An-
schluß an ein Verbum5) und § 554. 3 ('Dativ des Agens beim
Passiv’) geschilderte. Ein Genitiv im Sinn des Dativus commodi
oder finalis kommt nicht vor. — Im übrigen sei auf § 6 und 7
verwiesen, wo gezeigt wurde, daß in den jüngeren iranischen
Sprachen keineswegs allein der Genitiv, daß vielmehr auch noch
andere Kasus — Instrumental, Akkusativ — als Cas. obl. gebraucht
worden sind; s. ferner § 10 a.
12. Ich habe in § 9 f. geltend gemacht, daß aus den Singular-
kasus der a-Deklination doch auch der Lokativ auf *-aiä als Vor-
form des Cas. obl. auf -e in Betracht kommt, und daß von seiten
der Lautlehre gegen diese Ableitung keinerlei Bedenken erhoben
werden können. Muß denn aber das -e durchaus und in jedem
Fall der a-Deklination entstammen? Im Persischen und Parthischen
fielen, nach der Wirkung des in § 5. 3 erwähnten Auslautsgesetzes,
die a-, a-, i- und «-Stämme im Nom. Sing. — und auch noch in
einer Anzahl anderer Kasus — völlig zusammen; damit war der
Vermengung aller übrigen Kasus der genannten Stammklassen
Tür und Tor geöffnet. Besonders eng mußten sich die Beziehungen
der a-Stämme zu den «-Stämmen gestalten, da bei diesen beiden
Klassen der Nom. Plur. und der Gen. Plur. schon von alters, d. i.
von arischer Zeit her den gleichen Ausgang hatten, und weil
vielfach — nicht nur im Adjektivum, s. § 15 — sonst ganz gleich
gebaute Stämme auf a- und a- nebeneinander standen. — Welche
Kasusausgänge kommen nun aus den genannten Deklinationen
für das -e des Cas. obl. sing, in Betracht? Von der «-Deklination
keiner. Von der i-Deklination könnte der Dativ auf ar. *-aiai, aus
der «-Deklination der Instrumental auf *-aiä als Quelle des e-Kasus
gelten. Es liegt nahe, für die Herkunft des -e an die letztere
Quelle zu denken; wird doch der Cas. obl. insbesondere dazu ver-
J) So zB. Bh. 3. 2 (9 f.) dahyäus manä abavah, s. Bthl. AirWb. 929 o. und
Delbrück AiS. 161 f.
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Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1923. 3. Abh.
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