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Curtius, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 4. Abhandlung): Der Astragal des Sotades — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38045#0010
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10

L. Curtius:

hinan, um sich im dritten Bilde in einer kleineren Gruppe noch in
einer Richtung zu bewegen, im Aderten aber eine jede sich selber
dem Genüsse des Kreisens im Äther zu überlassen.
Ein so großer Künstler verwendet die beschränkten Mittel
seiner halb noch archaischen Kunst mit Weisheit. Daß die Gesin-
nung des Chors nur Gehorsam ist, das drücken die mit aufmerksamer
Spannung auf den Gebieter gerichteten Gesichter der ersten und
dritten Figur auf dem Anfangsbilde aus. Die dritte Figur ist vom
Bildrand überschnitten, als käme sie erst halb aus der Kulisse
heraus. Das ist nichts anderes als die Einladung an unsere Phan-
tasie, den Beigen sich durch weitere Figuren fortgesetzt zu denken.
So sieht auf dem zweiten Bilde die Aderte zurück nach den noch
folgenden Schwestern, und, weif es sich überhaupt um eine nicht
AAreiter definierte Vielheit von Tänzerinnen handelt, kann es auch
nicht gelingen, eine Person einer Gruppe in einer anderen Gruppe
wiederzuerkennen. Der Maler hat mit den schlichten Mitteln der
Charakterisierung der Tracht dafür gesorgt, daß sie alle unter
sich gleich, eben als Chor nicht als Individualitäten, und
eine jede doch von der anderen verschieden erscheinen. Aus der
Menge greift er jedesmal nur eine Gruppe zur Komposition heraus,
von denen die eine zur anderen hinführt, und die schwierigen Flä-
chen des Astragals dienen ihm als Darstellungsmittel des phantasti-
schen Raumes. Zum Ganzen ließe sich leicht eine Musik in Ader
Sätzen ausdenken, die mit einem leichten Tempo di marcia begänne,
nachher ein andante moderato und ein allegro brächte und schließ-
lich in ein wiegendes presto im Dreivierteltakt endete.
Aber nun ist’s Zeit auf die Straße einzumünden, auf der schon
Roscher (Roschers Lexikon III 1 Sp. 178 Anm.) das Ziel richtig
gesucht hat.
In der uns allein erhaltenen Umarbeitung der Wolken des
Aristophanes beschwört Sokrates vor dem erschrockenen Strep-
siades die
σεμναί Αεα'ι Νεφέλαι βροντησικέραυνοι, τω φροντιστή μετέωροι (265)
mit den Worten (269 ff.):
ελΤετε δήτ’, ώ πολυτίμητοι Νεφέλαι, τωδ’ εις έπίδειξιν
είτ’ έπ’Όλύμπου κορυφαΐς ίεραΐς χίονοβλήτοισι κάΑησθε,
ειΡ Ωκεανού πατρός εν κήποις ιερόν χορόν 'ίστατε Νύμφαις·
und der Wolkenchor erwidert (275)
άέναοι Νεφέλαι
άρΑώμεν φανεραί δροσεράν φύσιν εύάγητον,
πατρός άπ’ Ωκεανού βαρυαχέος.
 
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