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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 2. Abhandlung): Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38944#0010
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10

Otto Immisch:

Homer nicht gefunden. Das unmittelbar vor der Bibelstelle zuletzt
noch dargebotene (§ 8, aus N 18ff.) sei nicht ganz vollwertig, selbst
nicht nach dem eignen Empfinden des Anonymus (Mutschmann
171 ff.).
Wie ist es aber nur denkbar, daß der gelehrte Homerkenner
bei jenem Suchen nicht sofort auf die erhabenste unter allen ho-
merischen Erhabenheiten verfallen sein sollte, die Stelle, die jedem
Homerleser ohne weiteres gegenwärtig sein wird, A 528, das kunst-
und poesieberühmte Neigen des Zeushauptes ή καί κυανέρσιν κτλ.?
Da fehlt auch nicht jener kosmische Zug, jener grandiose Natur-
widerhall, auf den unsere Schrift in den andern Beispielen ersicht-
lich Wert legt: μέγαν δ’έλέλιξεν "Ολυμπον. Nicht vorstellbar, daß
dieser locus classicus gefehlt hätte! Es scheint mir so gut wie sicher,
daß er wirklich vorkam, auch wieder (vgl. vorhin zu 9, 6) in der
großen Lücke von 6 Blättern zwischen 9, 4 und 5. Das besagt als-
dann, daß dort bereits die άρεταί Homers (und wohl auch anderer)
auf dem Gebiet der Darstellung göttlicher Wesen und Vorgänge
(der θεία) abgehandelt und exemplifiziert waren. Dort also standen
die vollkommnen und einwandfreien Beispiele. Wo unser Text
wieder einsetzt, das sieht Mutsch mann ganz richtig, ist der Ver-
fasser schon bei solchen Stellen, wo die αρετή mit κακία, die Bewun-
derung mit Tadel sich mischt, sei es wegen υπερβολή (§ 5), sei es
wegen der nur mit Hilfe der (nicht gebilligten) Allegorie zu beschöni-
genden άπρεπή in den göttlichen Gestalten (§ 6. 7). Daran reiht sich
nun allerdings (§ 8) zum Abschluß des Kapitels von den homerischen
θεία, denen die ανθρώπινα folgen sollen, das nicht gerade mißlungne
Beispiel der Poseidonfahrt N 18, ich denke indessen, lediglich aus
dem sehr liebenswürdigen Wunsche, nicht mit einem Tadel Homers
zu schließen, sondern — die meisterlichsten Stellen waren offenbar
schon vertan — mit. einem wenn auch nicht vollkommnen, so doch
mindestens gutem Stück (πολύ των περί τήν θεομαχίαν άμείνω). Daß
er von derartigen Proben noch eine Fülle vorlegen könnte, deutet
er überdies an mit dem gerade hier eingeschalteten Hinweis auf die
schönwissenschaftliche Literatur über diesen Gegenstand: πολλοΐς
δέ προ ήμίον ό τόπος έξείργασται. Verlief aber die ganze, mit Rücksicht
auf die Lücke sehr umfängliche Gedankenführung in der geschil-
derten Weise, so verändert sich damit auch die von Mutschmann
angenommene Bedeutung des biblischen Beispiels. Es kann nicht,
wie er glaubt, den letzten Höhepunkt und Schlußeffekt darstellen
wollen. Wie es mit ταύτη (ebenso) ersichtlich an das unmittelbar
 
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