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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 2. Abhandlung): Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38944#0035
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Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen.

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Daß mit diesem Satz das Werk zu Ende und die Abhandlung
über die πάθη nicht nur inhaltlich, sondern auch buchmäßig selb-
ständig gewesen wäre, glaube ich nicht (wie Mutschmann 17 es
will). Ob zur Fortsetzung eine neue Rolle heranzuziehen war, ist
dabei unerheblich. Weder das von Mutschmann aus Sextus ent-
nommne Beispiel (adv. log. I) noch das bekannte Verfahren des
Auctor ad Herennium zeigen mit dem Nötigwerden einer neuen
Rolle den Zwang zum Abschluß und zum Verselbständigen der
Fortsetzung. Die Einheit des Ganzen kann davon unberührt bleiben,
und schwerlich hat bei der von Mutschmann allerdings mit Recht
geforderten Motivierung für das Aussondern der πάθη — eine Moti-
vierung, die irgendwo vor dem uns jetzt so überraschenden Über-
gang von Hauptteil I mit Weglassen der πάθη (II) gleich zum
Hauptteil III (cap. 15/16) gestanden haben muß, vermutlich,
wie schon Roth stein annahm, in der Lücke 9, 4 — schwerlich,
sage ich, gab es in jener jetzt ausgefallnen Motivierung bereits einen
Hinweis auf das Rollenmaß und seine Konsequenzen, sondern es
waren rein sachliche Gründe, welche die schon 3,5 (άλλος ήμΐν άπό-
κειτοα τόπος) in Aussicht genommne Sonderstellung herbeiführten.
Sie liegen in der Gesamtgestaltung des Stoffs. Das πάθος war bei
allen übrigen Teilen mit herauszuziehen. Der Wechsel des Stils
von der Ilias zur Odyssee war eine άπακμή του πάθους (9,15); ihre
παθήματα stellt Sappho dar (10, 1), eine ganze παθών σύνοδος (ebd. 3);
πάθος zeigt Demosthenes (12, 5). In die Lehre von der φαντασία
greift es ein (15,1), ebenso in die von den σχήματα (17, 2f.; 18, 2;
21, 1 f.; 23, 4; 24; 26, 3 und besonders beim Abschluß 29, 2), des-
gleichen bei der φράσις (32, 6; 38, 3. 5) und bei der σύνθεσής (39, 1).
Nebenher also war das πάθος schon überall mitbehandelt, nun soll
ihm noch προηγουμένως, d. h. so, daß es der Hauptgegenstand
wird, ein eigner Abschnitt gewidmet werden. Das gehört doch
naturgemäß noch in die Schrift selbst hinein. Zu der entgegen-
gesetzten Annahme darf uns auch nicht der Umstand veranlassen,
daß die jetzt am Ende stehenden Ausführungen περί λόγων αφορίας
mit ihrer Wucht und inneren Bewegtheit gar leicht den Eindruck
eines Abschlußstücks und sogar eines Nachwortes hervorrufen.
Dieser Eindruck trügt. Wäre es wirklich so gemeint, so würde der
Verfasser nicht mit einer Übergangsformel abschließen (“κράτιστον
είκή ταΰτ’ εάν' , επί δέ τά συνεχή χωρεΐν ήν δε ταυτα τά πάθη κτλ.). Die
Partie de causis cormptae eloquentiae ist mithin vielmehr, wie andre
Stücke des Buches auch, eine παρενθήκη. Wie die übrigen steht

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