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Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0025
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Die Hausschwelle.

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und Sühne des Hausfriedensbruchs, bei der Beseitigung von Selbst-
mördern oder Verbrechern, die im Hause ums Leben gekommen
sind. Aber weder die Bechtsbräuche noch die Anschauungen,
die aus ihnen kenntlich werden, haben mit den römischen Wen-
dungen, die uns beschäftigen, irgend etwas gemein und der Vergleich
mit ihnen hilft nicht zur Erklärung, sondern hat nur das immerhin
interessante Ergebnis, die römische Eigenart ins Licht zu setzen1:
Her Börner hat der Schwelle in seinem Becht2 keinerlei
Bedeutung gegeben, auch nicht in seinem Kult. Auf welchen
Vorstellungen es beruht, daß er sie so häufig nennt, darüber
geben zum Glück unsere Texte, im Zusammenhang gelesen und
verstanden, sicheren Aufschluß.
Der Börner widmet der Schwelle wenn nicht im alltäglichen
Verkehr, so beim Antritt einer Beise oder eines wichtigen Ganges
oder Besuches besondere Aufmerksamkeit. Wehe, wenn er ver-
sehentlich an sie mit dem Fuß anstößt oder stolpert! Er glaubt
ja, daß dem Menschen Zeichen gegeben werden, die auf Glück
oder Unglück hindeuten, und achtet daher bei Beginn seines Han-
delns, vor allem bei wichtigen Ausgängen auf alles, was ein
solches Zeichen sein könnte. Manchen Personen des Plautus geben
vorüberfliegende Vögel, ein klopfender Specht, ein über den Weg
laufendes Wiesel, das eine Maus im Maul trägt, Ermutigung oder
Warnung; sie hören aus zufällig aufgefangenen, gar nicht für sie
bestimmten Worten einen Hinweis auf ihr eignes Schicksal heraus,
das die nächste Zukunft bringen wird3. Da ein Fallen oder
1 Das gleiche gilt von andern Völkern, deren Bräuche Samter, Geburt, Hoch-
zeit und Tod, Lpz.-Bln. 1911, S. 141f. und Μ. B. Ogle, The house-door in Greek
and Roman religion and folk-lore, Am. Journ. Phil. 32, 1911, 251 f. zusammen-
gestellt haben. Leider haben sie ganz verschiedenartige Sitten und Anschauungen
verschiedener Völker und Zeiten aus derselben Anschauung, daß die Schwelle
als Sitz von Gespenstern gefürchtet worden sei, zu erklären versucht. Dagegen
Deubner, Archiv f. Religionswissenschaft 20, 1920/21, 419.
2 Was der ursprüngliche Sinn des fostliminium oder ms postliminii war
und in welchem Zusammenhang dieser mit dem späteren eigentümlichen Recht
steht, weiß ich leider nicht zu sagen. Die Juristen haben die Frage gar nicht
aufgeworfen. Mommsen, R. St. III 831, Mitteis, Römisches Privatrecht (Lpz.
1908), S. 125.
3 As. 259, Ep. 183, Stich. 459; Merc. 274. — Die Schwellen sowohl in der
altitalischen Rundhütte wie im Atriumhaus waren hoch, gefährdeten also den
Unvorsichtigen in besonderm Maße; v. Duhn, Italische Gräberkunde 399; Durm,
Baustile 22, 42f.; Pinza, Materialiper la etnologia antica Toscano-Laziale I, Milano
1915, tav. IV. VI. VII.
 
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