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Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0030
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30

Karl Meister:

wohl auch in intereä proptereä, deren Ausgang an geläufigere
Adverbialendungen oder an die verwandter, vielgebrauchter Ad-
verbia (adversus) angeglichen worden ist. Oder es sind aus jenen
ursprünglich präpositionalen Wendungen neue Nomina erwachsen1,
wie aus dem plautinischen obviarn sedulo die nachplautinischen
obvius sedulus, wie aus älterem pro consule, pro praetore usw. der
spätere proconsul, propraetor usw., wie aus der Wendung ab origine
Catos Aborigines hervorgegangen sind. Voraussetzung für alle diese
Neuerungen ist im Lateinischen wie in anderen Sprachen2 3 ent-
weder ein formales oder semasiologisches Zurückbleiben des präpo-
sitionalen Ausdrucks gegenüber der sich fortentwickelnden Sprache
gewesen, sei es daß ein Teil sonst außer Gebrauch kam, seine
Form oder Bedeutung änderte, sei es daß die präpositionale Wen-
dung selbst einen veränderten Bedeutungsinhalt erhielt wie ilico
proconsule Aborigines.
Bei super Urnen war die Isolierung, die die Vereinigung und
alle weiteren Veränderungen zur Folge hatte, dadurch gegeben,
daß super sonst seine räumliche Bedeutung und seine Konstruktion
verlor. Super Urnen behauptete sich als eine oft und mit bestimmten
Phrasen fest verbundene Wendung, aber es verlor, seit super anders
Verstanden wurde, an Schärfe der Bedeutung. Gleichzeitig mußte
sich der Akzent geltend machen, der auf der ersten Silbe des neu-
entstandenen Kompositums lag, das führte zur Synkope der zweiten
Silbe, wie dies auch andern, gleichgeformten Komposita, z. B. ilicet
(Mo. 847 u. ö., neben ire licebit Ps. 1182) und scüicet3 geschehen
ist (Albrecht Götze, IF 41, 1923, 124). Aus superlimen wurde so
suplimen. Höchstwahrscheinlich hat man in Rom so geschrieben,
solange man das Wort nur in der primären Bedeutung verwendete,
die wir bei Naevius und Plautus gefunden haben, und vermutlich
hat diese Schreibung noch in dem Exemplar der ennianischen
Tragödie 'Thyestes5 gestanden, das Cicero in Fänden hatte. Denn
es ist wohl kein Zufall, daß gerade in dem Vers, den er nat.
deor. 2, 65 aus dieser Tragödie zitiert, zwei der guten Hand-
schriften (Vossianus B und Palatinus) supplime und suplime bieten4,

1 Man nennt diesen Prozeß seit Usener, Kl. Sehr. 1, 250 Hyposlase.
2 H. Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte, 19. Kap.
3 Auch in der Vereinigung kann es Plautus noch mit dem Acc. c. Inf. ver-
binden: Ps. 1179 scüicet (me) solitum esse; Bennett, Synt. Early Lat. I 376. 387.
4 Nach dem kritischen Apparat der großen Ausgabe von Plasberg (Leipzig
1912).
 
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