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Alfred v. Domaszewski:
den Großkönig in Susa ist gewiß nie erfolgt. Es ist eben ein Zu-
stand eingetreten wie bei den Verträgen, die Tissaphernes und
Pharnabazos mit den Spartanern während des jonischen Krieges
schlossen. Diese Händel am Küstensaume seines ungeheuren
Binnenreiches zu schlichten, überließ der Großkönig seinen
Beamten1. Um jede Verwicklung mit den Persern zu vermeiden,
unterließ es Perikies, attische Kleruchien als unmittelbare Stützen
der Herrschaft auf dem Boden Kleinasiens anzulegen. Dagegen
unberührt von diesen Verträgen war die politische See. Hier
erstrebte Perikies eine neue Machtentfaltung Athens durch die
Ausdehnung des Bundesgebietes bis an den kimmerischen Bosporus
und durch die Anlage von Kleruchien am Nordrande des persischen
Reiches, in Sinope und Amisos. Diese Übergriffe in das persische
Machtgebiet hatten nur für den Satrapen von Kappadokien Be-
deutung und beeinflußten nicht das Abkommen Athens mit den
Satrapen des Hellespontes und Joniens.
Die strenge Wahrung des Friedens mit den Peloponnesiern
sollte Athen freie Hand lassen im Westen an den Küsten Italiens
und Siziliens seinen politischen Einfluß und seine Handelsbezie-
hungen zu entwickeln.
Um. so fester hielt Perikies die Herrschaft über die Bündner
aufrecht2. Aber auch hier mit Schonung ihrer Autonomie im Sinne
des Themistokles, wie er sogar in dem. Streite zwischen Samos und
Milet erst notgedrungen eingriff. Es tritt dies ebenfalls hervor
bei der Anlage der Kleruchien. Denn diese Militärkolonien wurden
im Inselkreise und in Thrakien nur an Orten angelegt, die un-
bestritten attischer Boden waren.
Gleich Themistokles sah er voraus, daß ein Entscheidungs-
kampf mit den Peloponnesiern um den Bestand des Seereiches
unvermeidlich werden konnte. So scheute er sich nicht, den Krieg
mit den Peloponnesiern durch das Bündnis mit Kerkyra zu ent-
fesseln, wie schon Themistokles zugunsten Kerkvras eingetreten war.
1 Mit unvergleichlicher Laune spottet Aristophanes in den Acharnern
über das Verhältnis der Griechen zum Großkönig.
2 Der allgemeine Gerichtszwang dei^Bündner ist ein Phantom, das sich
die Modernen ausgedacht haben mit keiner besseren Grundlage als den
schlechten Witzen des Ps.-Xen. Ath. pol. 1, 16—18. Athen griff in die Rechts-
pflegen der Bündner nur ein, soweit es sein politisches Interesse forderte.
Das zeigt doch der Eid der Chalkidier I. Gr. I ed. min. 39.
Alfred v. Domaszewski:
den Großkönig in Susa ist gewiß nie erfolgt. Es ist eben ein Zu-
stand eingetreten wie bei den Verträgen, die Tissaphernes und
Pharnabazos mit den Spartanern während des jonischen Krieges
schlossen. Diese Händel am Küstensaume seines ungeheuren
Binnenreiches zu schlichten, überließ der Großkönig seinen
Beamten1. Um jede Verwicklung mit den Persern zu vermeiden,
unterließ es Perikies, attische Kleruchien als unmittelbare Stützen
der Herrschaft auf dem Boden Kleinasiens anzulegen. Dagegen
unberührt von diesen Verträgen war die politische See. Hier
erstrebte Perikies eine neue Machtentfaltung Athens durch die
Ausdehnung des Bundesgebietes bis an den kimmerischen Bosporus
und durch die Anlage von Kleruchien am Nordrande des persischen
Reiches, in Sinope und Amisos. Diese Übergriffe in das persische
Machtgebiet hatten nur für den Satrapen von Kappadokien Be-
deutung und beeinflußten nicht das Abkommen Athens mit den
Satrapen des Hellespontes und Joniens.
Die strenge Wahrung des Friedens mit den Peloponnesiern
sollte Athen freie Hand lassen im Westen an den Küsten Italiens
und Siziliens seinen politischen Einfluß und seine Handelsbezie-
hungen zu entwickeln.
Um. so fester hielt Perikies die Herrschaft über die Bündner
aufrecht2. Aber auch hier mit Schonung ihrer Autonomie im Sinne
des Themistokles, wie er sogar in dem. Streite zwischen Samos und
Milet erst notgedrungen eingriff. Es tritt dies ebenfalls hervor
bei der Anlage der Kleruchien. Denn diese Militärkolonien wurden
im Inselkreise und in Thrakien nur an Orten angelegt, die un-
bestritten attischer Boden waren.
Gleich Themistokles sah er voraus, daß ein Entscheidungs-
kampf mit den Peloponnesiern um den Bestand des Seereiches
unvermeidlich werden konnte. So scheute er sich nicht, den Krieg
mit den Peloponnesiern durch das Bündnis mit Kerkyra zu ent-
fesseln, wie schon Themistokles zugunsten Kerkvras eingetreten war.
1 Mit unvergleichlicher Laune spottet Aristophanes in den Acharnern
über das Verhältnis der Griechen zum Großkönig.
2 Der allgemeine Gerichtszwang dei^Bündner ist ein Phantom, das sich
die Modernen ausgedacht haben mit keiner besseren Grundlage als den
schlechten Witzen des Ps.-Xen. Ath. pol. 1, 16—18. Athen griff in die Rechts-
pflegen der Bündner nur ein, soweit es sein politisches Interesse forderte.
Das zeigt doch der Eid der Chalkidier I. Gr. I ed. min. 39.