Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten. VI.
49
Nebeneinander vor: turäti und tiräbi 'er geht hinüber' (wie mr.
tüham und tittham, die zur selben Wurzel gehören), ägur-am 'bei-
fälligen Ruf? und gir-am 'Gesang’. Auch in diesem Fall hat
noch niemand allgemeine Herkunft des ir aus ur behauptet.
Endlich erscheinen gleichartige Verschiedenheiten im MInd. 5
bei den Nachformen der Wörter mit ar. r; s. ai. prcchäti 'er fragt’
= pa. pucchati, mr. pucchai; — ai. nibhrtah 'beständig’ = mr.
nihuo; — ai. mrsä 'vergebens’ = pa. nmsä; — ai. mrgcih 'Gazelle’
= milS mrugo; — ai. vrstih 'Regen’ = pa., mr. vutthi; — ferner ai.
rksah 'Bär' = pa. ikkho, mr. rikkho, riccho-, —- ai. yädrs-am 'qua- 10
lern’, tädrs-am ’talem’ = milS. yädisam, pa. tcidisam; — ai. drstah
'gesehen’ = pa., mr. dittho; — ai. sfngam 'Horn’ = pa., mr. singam.
Aber außer u und i tritt hier gar nicht selten auch a auf; so in
pa. acclio 'Bär’ neben ikkho = ai. rksah, s. oben S. 18 ; — pa. vako,
arag. vage 'Wolf = ai. vfkah\ — pa. milG. mago 'Gazelle’ neben 15
milS. mrugo (und auch pa. migo, milJ. mige, milM. mrige) — ai.
mrgäh, s. oben S. 22; — pa. vaclclhi, milG. vadhi neben pa. vuddhi
= ai. vrddhdy- 'Zunahme’; — pa. mato 'gestorben’ = ai. mrtäli; —
pa. hadayam neben mr. hiaam = ai. lirdayam Herz’; — pa. pa-
hattho = ai. prahrstah 'aufgeregt’; — usw. Man vergleiche dazu 20
Geiger Pali § 12, Johanssohn ShähbäzgRed. 1. 24 ff., Pischel
PrakritSpr. § 47 ff.
Ich meine, die Art und Weise, wie sich die ar. silbischen
Liquidae im Indischen darstellen, sollte bei der Erklärung der
Nachformen jener Laute im Iranischen nicht außeracht gelassen 25
werden; sie gibt uns manchen Fingerzeig.
Im Indischen ist das ar. r1) zunächst als Sonant unver-
ändert geblieben; wegen der neuerdings wieder von Scheetelowitz
vertretenen Ansicht, es sei dafür schon im Alnd. ri gesprochen
worden, s. Btiil. WZKM. 22. 324ff. In der Folge hat sich daraus 30
ein überkurzer Vokal entwickelt, ebenso wie schon in sehr früher
Zeit aus dem ar. f (= idg. trd)2) und aus dem ar. f (= idg. %r)2),
das den Silbenakzent übernahm. Ganz das gleiche ist im Ira-
nischen geschehen, und zwar schon in ältester Zeit und bei jeder
der drei Lautgestalten. Späterhin haben diese neuentstandenen 35
Vokale, die gewiß schon von Anfang an, gemäß der Farbe des
arischen Sonanten, aus dem sie hervorgegangen sind (s. § 22, 32),
b Von den schon ursprachlich dunkel gefärbten LiquidaSonanten (s. oben
S. 25) sehe ich hier ab. Aubh scheide ich hier nicht zwischen ar. r und l.
2) Nach Hirt, s. oben S. 31. 40
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1924/25. 6. Abh. 4
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Nebeneinander vor: turäti und tiräbi 'er geht hinüber' (wie mr.
tüham und tittham, die zur selben Wurzel gehören), ägur-am 'bei-
fälligen Ruf? und gir-am 'Gesang’. Auch in diesem Fall hat
noch niemand allgemeine Herkunft des ir aus ur behauptet.
Endlich erscheinen gleichartige Verschiedenheiten im MInd. 5
bei den Nachformen der Wörter mit ar. r; s. ai. prcchäti 'er fragt’
= pa. pucchati, mr. pucchai; — ai. nibhrtah 'beständig’ = mr.
nihuo; — ai. mrsä 'vergebens’ = pa. nmsä; — ai. mrgcih 'Gazelle’
= milS mrugo; — ai. vrstih 'Regen’ = pa., mr. vutthi; — ferner ai.
rksah 'Bär' = pa. ikkho, mr. rikkho, riccho-, —- ai. yädrs-am 'qua- 10
lern’, tädrs-am ’talem’ = milS. yädisam, pa. tcidisam; — ai. drstah
'gesehen’ = pa., mr. dittho; — ai. sfngam 'Horn’ = pa., mr. singam.
Aber außer u und i tritt hier gar nicht selten auch a auf; so in
pa. acclio 'Bär’ neben ikkho = ai. rksah, s. oben S. 18 ; — pa. vako,
arag. vage 'Wolf = ai. vfkah\ — pa. milG. mago 'Gazelle’ neben 15
milS. mrugo (und auch pa. migo, milJ. mige, milM. mrige) — ai.
mrgäh, s. oben S. 22; — pa. vaclclhi, milG. vadhi neben pa. vuddhi
= ai. vrddhdy- 'Zunahme’; — pa. mato 'gestorben’ = ai. mrtäli; —
pa. hadayam neben mr. hiaam = ai. lirdayam Herz’; — pa. pa-
hattho = ai. prahrstah 'aufgeregt’; — usw. Man vergleiche dazu 20
Geiger Pali § 12, Johanssohn ShähbäzgRed. 1. 24 ff., Pischel
PrakritSpr. § 47 ff.
Ich meine, die Art und Weise, wie sich die ar. silbischen
Liquidae im Indischen darstellen, sollte bei der Erklärung der
Nachformen jener Laute im Iranischen nicht außeracht gelassen 25
werden; sie gibt uns manchen Fingerzeig.
Im Indischen ist das ar. r1) zunächst als Sonant unver-
ändert geblieben; wegen der neuerdings wieder von Scheetelowitz
vertretenen Ansicht, es sei dafür schon im Alnd. ri gesprochen
worden, s. Btiil. WZKM. 22. 324ff. In der Folge hat sich daraus 30
ein überkurzer Vokal entwickelt, ebenso wie schon in sehr früher
Zeit aus dem ar. f (= idg. trd)2) und aus dem ar. f (= idg. %r)2),
das den Silbenakzent übernahm. Ganz das gleiche ist im Ira-
nischen geschehen, und zwar schon in ältester Zeit und bei jeder
der drei Lautgestalten. Späterhin haben diese neuentstandenen 35
Vokale, die gewiß schon von Anfang an, gemäß der Farbe des
arischen Sonanten, aus dem sie hervorgegangen sind (s. § 22, 32),
b Von den schon ursprachlich dunkel gefärbten LiquidaSonanten (s. oben
S. 25) sehe ich hier ab. Aubh scheide ich hier nicht zwischen ar. r und l.
2) Nach Hirt, s. oben S. 31. 40
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1924/25. 6. Abh. 4