8
Saxl, Astrolog. Hss. II. Bd. Wien.
I. Die Aratea.
Zu der ersten Gruppe gehören nur drei Handschriften: Die
Codd. 51, 387 und 12600. Das Erbe der autochthon-europäischen
Antike ist also in den Wiener Codices nur in Handschriften des
frühen Mittelalters bewahrt, während aus der Zeit der bewußten
Neuaufnahme antiker Formen in der Renaissance, deren Werke
uns z. B. in der Gruppe des Laurent. 89 sup. 43,Vat. Barb. 76, 77
und des Vat. Urb. 1358 begegnet waren1, in der Nationalbibliothek
sich keine Handschrift findet. Im 15. und 16. Jahrhundert hat
man sich eben im Norden — die Wiener astrologischen Hand-
schriften sind überwiegend nordischer Provenienz —■ mehr für die
arabisierte Antike als für die wiederentdeckte römische interessiert2.
Der Cod. 387 ist eine Schwesterhandschrift des Cod. Monac.
lat. 210 und enthält wie dieser und die mit ihm verwandten römi-
schen3 sowie die gleich zu besprechende Wiener Handschrift 12600
ein großes computistisches Compendium. Die darin enthaltenen
Darstellungen geben die überlieferten Sternbilder der Aratea treu
wieder4, doch ohne daß — im allgemeinen — der Versuch gemacht
wäre, wie in dem berühmten Leidener Voss. Lat. Qto- 79 oder im
Vat. Reg. 123, den Gestalten einen farbigen Hintergrund, einen
Luftraum im Sinne der Antike zu geben5.
1 Ygl. den ersten Band dieses Verzeichnisses in den Sitzungsberichten
d. Heidelb. Akad. Philos.-hist. Kl. 1915, der die römischen Handschriften
behandelt. Im folgenden als Röm. Verz. zitiert.
2 Nur die wenigen Illustrationen zu den Kapiteln des Cod. 3394 auf
Bl. 211r—214v und 242v—244v enthalten Sternbilder-Darstellungen des Aratea-
Ivreises aus dem 15. Jahrhundert. Charakteristischerweise ist gerade diese
Handschrift nicht deutscher, sondern italienischer Provenienz.
3 Reg. 309, Vat. 643, Vat. 645.
4 Georg Thiele (Antike Himmelsbilder, Berlin 1898, S. 157f.) hat vor
bald 30 Jahren versucht, die Bilder der Münchener Handschrift der von ihm
sog. Phillippicus-Klasse zuzuteilen. Zweifellos war aber seine Klassifizierung
zu grob, da sie auf dem relativ geringen Material beruhte, das damals bekannt
war. Eine Klassifizierung der Aratea-Bilder kann erst auf Grund der Kenntnis
des gesamten noch vorhandenen Materials vorgenommen werden. In Vielem
ist unsere Handschrift mit dem Vat. 645 verwandt, in Wichtigem aber auch
von dieser Handschrift abweichend.
5 Nur einmal, bei der Darstellung des Schwans, ist dies noch der Fall.
Gerade diese Darstellung hat auch im Monac. 210 wie im Reg. 123 noch einen
Hintergrund. (Abb. l.) Vgl. Röm. Verz. S. IX. So mag es nicht überraschen,
daß in der romanischen Plastik derartige Bildungen an französischen Ka-
thedralen wiederkehren, z. B. an der Fassade von S. Pierre in Angouleme
(Abb. bei Michel, Histoire de TArt I, 2. p. 652).
Saxl, Astrolog. Hss. II. Bd. Wien.
I. Die Aratea.
Zu der ersten Gruppe gehören nur drei Handschriften: Die
Codd. 51, 387 und 12600. Das Erbe der autochthon-europäischen
Antike ist also in den Wiener Codices nur in Handschriften des
frühen Mittelalters bewahrt, während aus der Zeit der bewußten
Neuaufnahme antiker Formen in der Renaissance, deren Werke
uns z. B. in der Gruppe des Laurent. 89 sup. 43,Vat. Barb. 76, 77
und des Vat. Urb. 1358 begegnet waren1, in der Nationalbibliothek
sich keine Handschrift findet. Im 15. und 16. Jahrhundert hat
man sich eben im Norden — die Wiener astrologischen Hand-
schriften sind überwiegend nordischer Provenienz —■ mehr für die
arabisierte Antike als für die wiederentdeckte römische interessiert2.
Der Cod. 387 ist eine Schwesterhandschrift des Cod. Monac.
lat. 210 und enthält wie dieser und die mit ihm verwandten römi-
schen3 sowie die gleich zu besprechende Wiener Handschrift 12600
ein großes computistisches Compendium. Die darin enthaltenen
Darstellungen geben die überlieferten Sternbilder der Aratea treu
wieder4, doch ohne daß — im allgemeinen — der Versuch gemacht
wäre, wie in dem berühmten Leidener Voss. Lat. Qto- 79 oder im
Vat. Reg. 123, den Gestalten einen farbigen Hintergrund, einen
Luftraum im Sinne der Antike zu geben5.
1 Ygl. den ersten Band dieses Verzeichnisses in den Sitzungsberichten
d. Heidelb. Akad. Philos.-hist. Kl. 1915, der die römischen Handschriften
behandelt. Im folgenden als Röm. Verz. zitiert.
2 Nur die wenigen Illustrationen zu den Kapiteln des Cod. 3394 auf
Bl. 211r—214v und 242v—244v enthalten Sternbilder-Darstellungen des Aratea-
Ivreises aus dem 15. Jahrhundert. Charakteristischerweise ist gerade diese
Handschrift nicht deutscher, sondern italienischer Provenienz.
3 Reg. 309, Vat. 643, Vat. 645.
4 Georg Thiele (Antike Himmelsbilder, Berlin 1898, S. 157f.) hat vor
bald 30 Jahren versucht, die Bilder der Münchener Handschrift der von ihm
sog. Phillippicus-Klasse zuzuteilen. Zweifellos war aber seine Klassifizierung
zu grob, da sie auf dem relativ geringen Material beruhte, das damals bekannt
war. Eine Klassifizierung der Aratea-Bilder kann erst auf Grund der Kenntnis
des gesamten noch vorhandenen Materials vorgenommen werden. In Vielem
ist unsere Handschrift mit dem Vat. 645 verwandt, in Wichtigem aber auch
von dieser Handschrift abweichend.
5 Nur einmal, bei der Darstellung des Schwans, ist dies noch der Fall.
Gerade diese Darstellung hat auch im Monac. 210 wie im Reg. 123 noch einen
Hintergrund. (Abb. l.) Vgl. Röm. Verz. S. IX. So mag es nicht überraschen,
daß in der romanischen Plastik derartige Bildungen an französischen Ka-
thedralen wiederkehren, z. B. an der Fassade von S. Pierre in Angouleme
(Abb. bei Michel, Histoire de TArt I, 2. p. 652).