Einleitung.
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schweift nicht in die Feme, sondern voll Eifer löst der Grieche
durch Messung mit dem Zirkel ein astronomisches Problem. Waren
die beiden Griechen in phantastische Gewänder gekleidet, so tritt
uns Manilius in antikischer Tracht entgegen. Die Rechte hält das
Buch, die Linke hält er über den Globus, aber der Blick geht zur
Seite. Er scheint im Gespräch mit einem anderen Gelehrten be-
griffen. Merkwürdig und ergreifend ist der Orientale mit dem
Turban geschildert, Süll. Auf seiner Linken ruht der Sternenball,
die Rechte liegt sonderbar hart und gespreizt auf der Kugel. Der
Araber hält den Kopf geneigt und ist in den Anblick des Stern-
himmels vertieft, ein Bild echter Kontemplation.
Schon in den auf die Spätantike zurückgehenden Handschriften
wissenschaftlicher Werke waren solche Darstellungen der großen
Vertreter der Wissenschaft, der das Werk gewidmet war, beliebt.
Ja, die Himmelssphäre im Cod. Phillipp. 1830 zeigt in den unteren
Ecken des Blattes zwrei Gelehrte in ganzer Gestalt, die nach der
Sonne, resp. dem Mond hinweisen, welche am Rande der Sphaera
dargestellt sind1 (Abb. 15).
Dürers Vorbild muß jedoch eher der Darstellung der Philo-
sophia geähnelt haben, wie sie die von Dorez mustergültig ver-
öffentlichte Handschrift von Chantilly zeigt2 (Abb. 16). Philosophia
erscheint dort über den Kreisen der Sphären; sie neigt den Kopf,
den sie nachdenkend in die Hand schmiegt. In den vier Ecken des
Bildes sind ihre Hauptvertreter auf Erden teils dozierend, teils
kontemplierend dargestellt: Aristotiles perypatheticus, Plato me-
taphysicus, Socrates stoycus und Senecha moralis.
Ein ähnliches Vorbild hat schon der junge Dürer für eine
Philosophia-Darstellung verwendet, für den Holzschnitt, den er im
Auftrag des Konrad Celtes 1502 entwarf. Dort umgeben die
Philosophia: Ptolemäus, Plato, Cicero-Virgilius und Albertus. Aber
in dem frühen Holzschnitt sind nur die Halbfiguren der Gelehrten
und diese klein in Medaillons — beinahe nur ornamental — dar-
gestellt. Hier dagegen vermag Dürer das Motiv der Darstellung
des humanistischen Gelehrten, das das italienische Vorbild bot, auf-
zunehmen und — selbst im Sinne der italienischen Renaissance-
bewegung — reifer als das Vorbild, zu behandeln.
1 Thiele, a. a. O., S. 164.
2 L. Dorez, La canzone delle Virtü e delle Scienze di Bartolomeo di
Bartoli da Bologna, Bergamo 1904, T. VIV.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1925/26. 2. Abb.
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schweift nicht in die Feme, sondern voll Eifer löst der Grieche
durch Messung mit dem Zirkel ein astronomisches Problem. Waren
die beiden Griechen in phantastische Gewänder gekleidet, so tritt
uns Manilius in antikischer Tracht entgegen. Die Rechte hält das
Buch, die Linke hält er über den Globus, aber der Blick geht zur
Seite. Er scheint im Gespräch mit einem anderen Gelehrten be-
griffen. Merkwürdig und ergreifend ist der Orientale mit dem
Turban geschildert, Süll. Auf seiner Linken ruht der Sternenball,
die Rechte liegt sonderbar hart und gespreizt auf der Kugel. Der
Araber hält den Kopf geneigt und ist in den Anblick des Stern-
himmels vertieft, ein Bild echter Kontemplation.
Schon in den auf die Spätantike zurückgehenden Handschriften
wissenschaftlicher Werke waren solche Darstellungen der großen
Vertreter der Wissenschaft, der das Werk gewidmet war, beliebt.
Ja, die Himmelssphäre im Cod. Phillipp. 1830 zeigt in den unteren
Ecken des Blattes zwrei Gelehrte in ganzer Gestalt, die nach der
Sonne, resp. dem Mond hinweisen, welche am Rande der Sphaera
dargestellt sind1 (Abb. 15).
Dürers Vorbild muß jedoch eher der Darstellung der Philo-
sophia geähnelt haben, wie sie die von Dorez mustergültig ver-
öffentlichte Handschrift von Chantilly zeigt2 (Abb. 16). Philosophia
erscheint dort über den Kreisen der Sphären; sie neigt den Kopf,
den sie nachdenkend in die Hand schmiegt. In den vier Ecken des
Bildes sind ihre Hauptvertreter auf Erden teils dozierend, teils
kontemplierend dargestellt: Aristotiles perypatheticus, Plato me-
taphysicus, Socrates stoycus und Senecha moralis.
Ein ähnliches Vorbild hat schon der junge Dürer für eine
Philosophia-Darstellung verwendet, für den Holzschnitt, den er im
Auftrag des Konrad Celtes 1502 entwarf. Dort umgeben die
Philosophia: Ptolemäus, Plato, Cicero-Virgilius und Albertus. Aber
in dem frühen Holzschnitt sind nur die Halbfiguren der Gelehrten
und diese klein in Medaillons — beinahe nur ornamental — dar-
gestellt. Hier dagegen vermag Dürer das Motiv der Darstellung
des humanistischen Gelehrten, das das italienische Vorbild bot, auf-
zunehmen und — selbst im Sinne der italienischen Renaissance-
bewegung — reifer als das Vorbild, zu behandeln.
1 Thiele, a. a. O., S. 164.
2 L. Dorez, La canzone delle Virtü e delle Scienze di Bartolomeo di
Bartoli da Bologna, Bergamo 1904, T. VIV.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1925/26. 2. Abb.
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