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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0019
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Rechtssprachgeographie.

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Der andere Weg aber ist der, selbständige Rechtssprach-
geographie zu treiben. Dabei werden natürlich die vorhandenen
sprachgeographischen Arbeiten eine wichtige, nicht zu entbehrende
Grundlage bilden.
Drei Typen von Sprachkarten sind es, die auch vom Stand-
punkt der Rechtssprache aus Interesse heischen. Zunächst die
Sprachenkarten im eigentlichen Sinne, die das Geltungs-
gebiet verschiedener Sprachen gegeneinander abgrenzen, also sozu-
sagen die Außengrenzen einer Sprache kartenmäßig festlegen. So
bildet die Untersuchung der Grenzen der deutschen Sprache gegen-
über dem Französischen, Italienischen, Rhätoromanischen, Ladini-
schen, Slovenischen usw. reiche Gelegenheit zu rechtssprachlicher
und rechtsgeschichtlicher Reobachtung.
Umreißt man den Geltungsbereich verschiedenerRechtssprachen
gegeneinander, so deckt sich die Rechtssprachkarte keineswegs
immer mit der allgemeinen Sprachenkarte. Für diese Retrachtung
wird bei ‘Rechtssprache’ immer an die Staatssprache, die Sprache
der Gesetzgebung und Verwaltung, zu denken sein. Dabei ergibt
sich ohne weiteres, daß in allen mehrsprachigen Staaten, soweit sie
nur eine einzige Staatssprache anerkennen, die Rechtssprachkarte
zwar zusammenfällt mit der politischen Karte des Landes, aber
von der Umgangssprachenkarte oft erheblich unterschieden ist.
Die Sprachenpolitik trachtet durch Sprachenkampf und Sprachen-
recht, gewaltsam oder friedlich die Grenzlinien der Sprachenkarte
auszulöschen und mit den Linien der politischen Karte zu ver-
schmelzen.
Aber auch im Innern eines Sprachgebietes verlaufen eine
Menge von Grenzlinien. An diesen heben sich die Mundarten von-
einander ab. Freilich sind es nicht einheitliche scharfe Grenz-
linien, sondern es sind Grenzzonen mit einer wirren Fülle von
Linien, die wir auf den Mundartkarten finden. Die Verhältnisse,
die uns auf den Mundartkarten entgegentreten, sind zwar viel
friedlicher, aber meist viel verwickelter als die der Sprachenkarten
im eigentlichen Sinne. Doch auch hier keine unveränderlichen
Grenzen, auch hier ein wechselseitiges Reeinflussen und Ringen;
und auch hier nicht selten ein Auseinandergehen von Umgangs-
sprache und Rechtssprache.
Die dritte Gruppe von Sprachkarten sind die Wortkarten.
Sie zeigen die Verbreitung eines einzelnen Wortes; sie bilden auch
die Grundlage der Mundartkarte. Für die Rechtssprachgeographie
 
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