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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0066
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66

Heinbich Mitteis:

Hier bestehen zwei Möglichkeiten:
a) Entweder es ist im landrechtlichen Verfahren ein Delikt
zur Evidenz erhoben worden, das den Tatbestand des Hochverrats
zu erfüllen imstande war. Dann würde evidens mit „erwiesen“
wiederzugeben sein; unter den Ladungsgründen des Landrechts
müßte ein so schwerwiegender gewesen sein, daß das Ausbleiben
auf die mit ihm begründete Ladung als schlüssiger Beweis des
Hochverrats angesehen werden konnte. Sehen wir einmal davon
ab, daß dies eigentlich schon dadurch widerlegt ist, was wir oben
S. 61 über die Natur des in unserm Lalle beobachteten Verfahrens
gesagt haben. Möglicherweise könnte die Würdigung einer Episode,
die bei vielen Interpreten der Gelnhäuser Urkunde eine Rolle
spielt, dazu Anlaß geben, diese Ansicht zn revidieren. Auch
Schriftsteller, die im übrigen das Prinzip der Auslegung der Geln-
häuser Urkunde aus sich selbst heraus vertreten, glauben gerade
an dieser Stehe nicht ohne die Heranziehung historiographischer
Nachrichten auskommen zu können.
In mehreren dieser Quellen, insbesondere aber bei Arnold von
Lübeck, findet sich nämlich ein Bericht über eine kämpfliche An-
sprache Heinrich des Löwen durch einen Markgrafen Dietrich von
Landsberg. Und zwar verlegt Arnold diese Episode auf den Tag
zu Magdeburg1:
Imperator autem aliam ei curiam indixit in Magdeburg, ubi
Thidericus marchio de Landesberch duellum contra eum expetiit, im-
ponens ei quasdam traditiones contra imperium jactas. Verius tarnen
propter indignationem id factum fuisse creditur, quia Sclavi exciti a
duce omnem terram illius que Lusice dicitur irrecuperabiliter vasta-
verant. Dux autem hoc animadvertens venire noluit.
Es kann völlig dahingestellt bleiben, ob dem Magdeburger Tag
eine oder drei Ladungen vorausgingen. Keinesfalls kann in einer
von ihnen des Kampfangebots Erwähnung geschehen sein; sonst
könnten unmöglich die Kölner Annalen2 die Sache so schildern,
daß in Magdeburg auch dem Kaiser selbst die heuchlerische Bosheit
(fraus et perfidia) des Herzogs entdeckt worden wäre. Dietrich von
Landsberg trat also in Magdeburg plötzlich mit seinen Anschuldi-
1 Ed. Pertz, Scr. rer. Germ., p. 48.
2 Chronica Regia Colon, ed. Waitz (Scr. Rer. Germ.), p. 130: Curia
apud Magedeburg satis celebris . . . Ibique fraus eius et perfidia primum im-
peratori detecta est.
 
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