Kyrios Jesus.
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Alternative ist so zu schlichten, daß beide Antworten ihr Recht
haben, aber nur in der Verknüpfung beider die Lösung liegt. Wie
solche Verknüpfung möglich sei, zeigt ein Blick auf die iranische
Kosmologie1 * *.
Zwei Wesen, „Zwillinge“, stehen sich hier gegenüber, Vohu
mayniu und Angro mayniu oder Ormazd und Ahriman; beide sind
„göttlicher Gestalt“. Daß sie sich zum äußersten Gegensatz, dem
von Licht und Finsternis, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse ent-
zweien, hat seinen Grund darin, daß beide unter der Idee des
Guten stehen. Der eine hat sich für sie entschieden, der andere
gegen sie, und diese Entscheidung hat sie zu dem gemacht, was sie
nach Wesen und Werk sind. Der eine hat sein Dasein als Herr des
göttlichen Lichtreiches geschaffen, der andere sein Dasein als Herr
des teuflischen Reiches der Finsternis. So ist jener der Inbegriff
des Guten und Göttlichen, dieser der Inbegriff des Bösen und
Teuflischen und beide stehen in erbittertem Kampfe. Was in diesen
mythischen Bildern sich zugleich verbirgt und enthüllt, ist eine
tiefe sachliche Erkenntnis. Die Idee des Guten erscheint als Be-
dingung eines dialektischen Prozesses, in dem sie sich selber be-
stimmt. Als Idee ist sie platonisch gesprochen das cwuttoFstov,
Inbegriff und Prozeß, Letztheit und Anfang; so ist sie und gestaltet
sich im Kampf, ist sie Gegenstand des Kampfes und Bedingung des
Daseins. In dem Bilde, daß für Ormazd das Gute, das er selber ist,
Gegenstand seiner eigenen Entscheidung wird, ist die gedankliche
Notwendigkeit angedeutet, daß von einem, zeitlosen Sein des Guten
und einem zeitbedingten Werden immer nur zugleich gesprochen
werden könne. Darum ist Ormazd sich selber Gegenstand undMate-
rial seines Tuns; sein Sein ist bestimmt durch seine Tat.
Das gleiche theoretische Verhältnis hegt auch hier vor. „Gott
gleich sein“ ist sozusagen das ganz Eigene, das mit dieser göttlichen
Gestalt notwendig gesetzt ist; es ist die unveräußerliche Bedingung
des eigenen Daseins. Aber es ist zugleich auch das ganz Andere,
d. h. der Gegenstand, dem das eigene Handeln gilt, und ist in dieser
gegenständlichen Gegebenheit unabhängig von dem Handeln. In
der Wendung ob-/ äp-aygov yjysmFai. liegt alsdann die Notwendig-
keit des dialektischen Prozesses angedeutet. In ihm leistet der Idee
des Guten nur der Genüge, der sie und sich immer aufs Spiel setzt;
1 Vgl. Chantepie de la Saussaye-Bertholet, Lehrbuch der Religions-
geschichte4 II 230ff.; v. Gall, BacnXela xou D-eod (1926) 83ff.; Grundriß der
iran. Philologie II, 667ff.
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Alternative ist so zu schlichten, daß beide Antworten ihr Recht
haben, aber nur in der Verknüpfung beider die Lösung liegt. Wie
solche Verknüpfung möglich sei, zeigt ein Blick auf die iranische
Kosmologie1 * *.
Zwei Wesen, „Zwillinge“, stehen sich hier gegenüber, Vohu
mayniu und Angro mayniu oder Ormazd und Ahriman; beide sind
„göttlicher Gestalt“. Daß sie sich zum äußersten Gegensatz, dem
von Licht und Finsternis, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse ent-
zweien, hat seinen Grund darin, daß beide unter der Idee des
Guten stehen. Der eine hat sich für sie entschieden, der andere
gegen sie, und diese Entscheidung hat sie zu dem gemacht, was sie
nach Wesen und Werk sind. Der eine hat sein Dasein als Herr des
göttlichen Lichtreiches geschaffen, der andere sein Dasein als Herr
des teuflischen Reiches der Finsternis. So ist jener der Inbegriff
des Guten und Göttlichen, dieser der Inbegriff des Bösen und
Teuflischen und beide stehen in erbittertem Kampfe. Was in diesen
mythischen Bildern sich zugleich verbirgt und enthüllt, ist eine
tiefe sachliche Erkenntnis. Die Idee des Guten erscheint als Be-
dingung eines dialektischen Prozesses, in dem sie sich selber be-
stimmt. Als Idee ist sie platonisch gesprochen das cwuttoFstov,
Inbegriff und Prozeß, Letztheit und Anfang; so ist sie und gestaltet
sich im Kampf, ist sie Gegenstand des Kampfes und Bedingung des
Daseins. In dem Bilde, daß für Ormazd das Gute, das er selber ist,
Gegenstand seiner eigenen Entscheidung wird, ist die gedankliche
Notwendigkeit angedeutet, daß von einem, zeitlosen Sein des Guten
und einem zeitbedingten Werden immer nur zugleich gesprochen
werden könne. Darum ist Ormazd sich selber Gegenstand undMate-
rial seines Tuns; sein Sein ist bestimmt durch seine Tat.
Das gleiche theoretische Verhältnis hegt auch hier vor. „Gott
gleich sein“ ist sozusagen das ganz Eigene, das mit dieser göttlichen
Gestalt notwendig gesetzt ist; es ist die unveräußerliche Bedingung
des eigenen Daseins. Aber es ist zugleich auch das ganz Andere,
d. h. der Gegenstand, dem das eigene Handeln gilt, und ist in dieser
gegenständlichen Gegebenheit unabhängig von dem Handeln. In
der Wendung ob-/ äp-aygov yjysmFai. liegt alsdann die Notwendig-
keit des dialektischen Prozesses angedeutet. In ihm leistet der Idee
des Guten nur der Genüge, der sie und sich immer aufs Spiel setzt;
1 Vgl. Chantepie de la Saussaye-Bertholet, Lehrbuch der Religions-
geschichte4 II 230ff.; v. Gall, BacnXela xou D-eod (1926) 83ff.; Grundriß der
iran. Philologie II, 667ff.